Einigung in der Großen Koalition: Frühverrentungswelle mit 61 ausgeschlossen?

- 23.05.2014 von Marlen Schurr -

Rentenanspruch und AltersvorsorgeDas Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter Leitung der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) brachte eine Reform der Rentenversicherung auf den Weg. Kernpunkt der Reform ist die abschlagsfreie Rente mit 63. Arbeitnehmer, die 45 Beitragsjahre nachweisen können, erhalten die Möglichkeit, mit 63 ohne Abschläge in Rente zu gehen. Zeiten der Arbeitslosigkeit werden dabei wenigstens teilweise angerechnet. Die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente steigt allmählich wieder an. Der Anstieg beträgt 2 Monate pro Jahrgang. Ab 2029 ist die abschlagsfreie Rente erst ab 65 Jahren möglich.

Was hat diese Reform mit der Frühverrentung zu tun?

Kritiker der Rentenreform befürchteten, dass die Anrechnung von ALG I (Arbeitslosengeld) bei der Beitragszeit zu einer Welle der Frühverrentung führen könnte. Arbeitnehmer, die älter als 58 Jahre sind und mindestens 48 Jahre in einem Beschäftigungsverhältnis standen, haben insgesamt 24 Monate Anspruch auf den Bezug von ALG I. Sie befürchten, dass Unternehmen gezielt Ältere entlassen könnten. Durch die Rentenreform könnten sie aus der Arbeitslosigkeit direkt in die Altersrente wechseln. Unternehmen könnten so die Rentenreform nutzen, um ihre internen Probleme mit dem Personal mit Hilfe des deutschen Sozialversicherungssystems zu lösen.

Was wird getan, um die Frühverrentung zu verhindern?

Das Thema war und ist ein Streitpunkt in der Großen Koalition. Die Reform drohte sogar, daran zu scheitern. Teile der CDU drohten damit, der Reform im Parlament ihre Zustimmung zu verweigern. Erst jetzt zeichnet sich eine mögliche Einigung bei diesem heiklen Thema ab. Wie sieht diese Einigung aus? Der Grundsatz, dass Zeiten des Bezugs von ALG I unbefristet auf die beitragspflichtigen Jahre angerechnet werden, bleibt unverändert bestehen. Um eine Welle der Frühverrentung zu verhindern oder zu dämpfen, soll eine Sperrfrist eingeführt werden. Ursprünglich wollten CDU/CSU einen festen Stichtag einführen, nach dem gar keine Zeiten der Arbeitslosigkeit mehr angerechnet werden sollten. Als Stichtag war der 1. Juli 2014 geplant. Die SPD dagegen wollte die betreffenden Arbeitgeber dazu zwingen, dass gezahlte Arbeitslosengeld zurück zu erstatten, wenn sie ältere Arbeitnehmer mit dem Umweg über die Arbeitslosigkeit in die abschlagsfreie Altersrente schicken würden. Eine ähnliche Regelung bestand schon bis zum Jahr 2006. Dieser Vorschlag wurde von der Union kategorisch abgelehnt.

Wie sieht der mögliche Kompromiss aus?

Anstatt eines festgelegten Stichtags soll es in Zukunft eine Frist von 2 Jahren geben. Die Regelung besagt, dass während der letzten 2 Jahre bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters Zeiten des Bezugs von ALG I nicht mehr angerechnet werden können. Durch diese zweijährige Sperrfrist soll einem Anstieg der Frühverrentung vorgebeugt werden. Die SPD fordert allerdings noch eine Ausnahmeregelung für Arbeitnehmer kurz vor dem Rentenalter, deren Arbeitslosigkeit durch eine Insolvenz des Arbeitgebers verursacht wird. Die juristische Prüfung des Kompromiss-Vorschlags läuft gegenwärtig noch. Es sieht aber so aus, als ob in letzter Minute eine Einigung erzielt werden könnte. Dann würde die Rentenreform ab dem 1. Januar 2015 in Kraft treten. Wie Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der abschlagsfreien Rente mit 65 Jahren, die ab 2029 möglich sein soll, berechnet werden, ist noch nicht bekannt. / Fotoquelle: fotolia.de / © bounlow-pic

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!