Mangelhafte Altersvorsorge: Viele Versicherte steuern geradewegs auf die Altersarmut zu

- 14.12.2014 von Marlen Schurr -

Altersvorsorge und AltersarmutDass die gesetzliche Rente in Zukunft immer weniger den Lebensstandard im Alter sichern wird, ist allgemein bekannt. Dennoch sind die Deutschen zurückhaltend, was die private Vorsorge betrifft. Vielen droht Altersarmut.

Riester-Sparen – Möglichkeiten nicht ausgeschöpft

Die Zahlen liegen klar auf dem Tisch. Im Jahre 2028 wird die gesetzliche Rente vor Steuern nur noch 44,4 Prozent des durchschnittlichen Einkommens ausmachen. Zwei Jahre später sinkt das Rentenniveau schon auf knapp über 43 Prozent. Bei weiterhin niedrigen Geburtenraten und zunehmender Lebenserwartung wird dieser Trend anhalten. Um die entstehende Vorsorgelücke zu schließen, wurde die staatlich geförderte private Altersvorsorge – Stichwort Riester- und Rürup-Rente – eingeführt. Vor allem Riester-Verträge sollten breiten Arbeitnehmerschichten zusätzliches Einkommen im Alter garantieren. Doch die politischen Erwartungen haben sich nicht erfüllt.

Zwar sind seit der Einführung 2002 15,9 Millionen Riester-Verträge vereinbart worden. Aber nur noch wenige Neuabschlüsse kommen zustande, der Vertragsbestand stagniert schon lange. Bei 3,2 Millionen Verträgen – einem guten Fünftel des Bestands – werden gar keine Sparleistungen mehr erbracht. Und deutlich weniger als die Hälfte der Riester-Sparer – nämlich gerade 6,4 Millionen – leistet den vollen Beitragssatz in Höhe von 4 Prozent des Bruttoeinkommens. Er ist nötig, um die komplette Zulage zu erhalten. Das Fazit lautet: zu wenige Arbeitnehmer schließen Riester-Verträge ab und in bestehenden Verträgen wird zu wenig angespart. Das Potential von insgesamt 35,7 Millionen Verträgen ist bei weitem nicht ausgeschöpft.

Viele Hürden – vor allem für Geringverdiener

Die Gründe für die geringe Nutzung sind vielschichtig. Der bürokratische Aufwand, die Intransparenz vieler Verträge, ungünstige Anlagerestriktionen und -bedingungen sowie teilweise hohe Gebühren lassen viele Sparer zögern. Das anhaltend niedrige Zinsniveau wirkt ebenfalls kontraproduktiv. Ein wichtige Ursache sind niedrige Einkommen. Dass es bei geringem Verdienst schwerer fällt, etwas fürs Alter zur Seite zu legen, ist eine Binsenweisheit.

Hinzu kommen psychologische Momente. Vor allem junge Geringverdiener sehen ihre künftige Rente skeptisch, sie rechnen lediglich mit der Grundsicherung. Auf die würde aber ein Riester-Vertrag nach heutiger Regelung angerechnet. Die Sparleistung wäre de facto vergeblich. Mit dieser Erwartung verzichten viele jüngere, schlechter verdienende Arbeitnehmer auf private Altersvorsorge. Das Ergebnis ist paradox: die Riester-Rente, die Altersarmut verhindern sollte, wirkt abschreckend und führt genau zu diesem Ergebnis.

Versicherungen fordern Reformen

Vertreter der Versicherungswirtschaft, die das stagnierende Geschäft mit Sorge sehen, fordern vor diesem Hintergrund Reformen. Ein Ansatz wird in der Gewährung höherer Zulagen für Geringverdiener gesehen. Dies mag sinnvoll sein, denn angesichts der engen finanziellen Grenzen wird mehr private Kapitalbildung ohne stärkere staatliche Förderung kaum funktionieren.

Eine andere Forderung betrifft die Anrechnung bei der Grundsicherung. Über Freibeträge sollte ermöglicht werden, zumindest teilweise in den Genuss der eigenen Sparleistung zu kommen. Damit würde ein Anreiz zur privaten Vorsorge geschaffen. Eine Umsetzung wäre allerdings teuer, denn aus Gründen der Gleichbehandlung müsste auch eine entsprechende Freibetragsregelung für die gesetzliche Rente gewährt werden. Die Aussichten dafür stehen daher eher schlecht.

Ein dritter Vorschlag betrifft die Produkttransparenz. Sie könnte durch die Einführung eines öffentlich verwalteten und geförderten Basis-Produktes für alle verbessert werden. Eine vergleichbare Lösung gibt es in Schweden. Die deutsche Politik zeigt sich bislang allerdings zurückhaltend bis ablehnend. / Fotoquelle: fotolia.de / © fmalot

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!