Deutscher Wissenschaftsrat fordert Aufwertung der klassischen Berufsausbildung

- 02.05.2014 von Marlen Schurr -

Ausbildung und StudiumDeutschland hat ein ernstes Problem. An den Hochschulen und Universitäten des Landes sind mehr als 2,5 Millionen Studenten eingeschrieben, die höchste bisher verzeichnete Zahl in der Geschichte der Bundesrepublik. Gleichzeitig suchen immer mehr Unternehmen händeringend nach Auszubildenden, die bereit sind, einen Beruf zu erlernen. Ohne wirksame Maßnahmen, die diesen Trend entgegen steuern droht bald ein Fachkräftemangel.

Warum wollen so viele Absolventen studieren?

Die Gründe dafür sind zweifacher Art. Über Jahre hinweg wurde den Schülern vermittelt, dass ein Studium praktisch die Garantie für späteren beruflichen Erfolg darstellt. Gleichzeitig genießen Akademiker ein hohes Ansehen in der Bevölkerung. Ein akademischer Grad wertet die eigene gesellschaftliche Position auf. Es scheint, dass die Botschaften (zu gut) angekommen sind. Die Zahl der Abiturienten unter den Schulabgängern steigt kontinuierlich von 43 Prozent 2006 auf über 50 Prozent 2013.

Diesem Trend folgt auch die Zahl der Studenten. Mehr als die Hälfte jedes Jahrgangs beginnt heute ein Studium. Viele entscheiden sich jedoch nur aus Prestigegründen oder einer vermeintlichen beruflichen Sicherheit für ein Studium. Das beweist die Zahl der Studienabbrecher, die ebenfalls rasant ansteigt. Besonders in den Bereichen Ingenieurswissenschaften und Informatik liegt sie bei weit über 50 Prozent. Die Zahlen beweisen klar, dass sich viele selbst überschätzen und den Anforderungen eines Studium gar nicht gewachsen sind. So lange wie in den Augen der Mehrheit ein Studium eine angesehene gesellschaftliche Position und finanziellen Erfolg verspricht (gleichgültig ob das stimmt oder nicht) wird der Sturm auf die Hochschulen anhalten.

Wie wirkt sich das auf die Wirtschaft aus?

Die Wirtschaft sieht sich einerseits im bestimmten Bereichen der Geisteswissenschaften mit einer Akademiker-Schwemme konfrontiert, während auf der anderen Seite auf technischen Gebieten die Fachkräfte fehlen. Der Wissenschaftsrat fordert, die klassische Berufsausbildung wieder aufzuwerten. Auf Grund der guten wirtschaftlichen Lage bietet auch eine abgeschlossene Berufsausbildung eine gute Perspektive. Den Schulabgängern soll eine Orientierungshilfe geboten, um sie in die Lage zu versetzen, sich zwischen einer Lehre oder einem Studium zu entscheiden. Es wird zum Beispiel über die Einführung eines Fachs „Berufs- und Studienorientierung“ nachgedacht. Damit soll den Schülern geholfen werden, die für sie persönlich optimale Entscheidung zu treffen.

Wie entscheidet man sich richtig?

Die Wahl zwischen Studium oder Berufsausbildung ist schwerwiegend und hat großen Einfluss auf den weiteren Verlauf des Lebens. Was nützt es, wenn man sich für ein Studium entscheidet, nur um es nach kurzer Zeit wieder abzubrechen oder nach dem Abschluss kein Stellenangebot zu bekommen, weil es im gewählten Studienfach zu viele Absolventen gibt?

Eine Berufsausbildung dagegen bietet hingegen in jedem Fall eine gesicherte Perspektive. Besonders auf dem Gebiet der Ingenieurswissenschaften ist zudem eine Ausbildung als Elektriker, Schlosser oder Mechatroniker in vielen Fällen hilfreich. Bei abgeschlossener Berufsausbildung und einigen Jahren praktischer Erfahrung besteht oft die Möglichkeit, darauf aufbauend ein Studium zu beginnen. Der Wissenschaftsrat schlägt vor, diese Form der Qualifizierung zu fördern. Studienabbrechern soll ebenfalls durch eine verkürzte Ausbildungszeit das Erlernen eines Berufs schmackhaft zu machen. Um die richtige Entscheidung treffen zu können, sollte man sich auf jeden Fall so gründlich wie möglich informieren. Ein abgebrochenes Studium kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit, deren Verlust nicht kompensiert werden kann. / Fotoquelle: fotolia.de / © detailblick-foto

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!