Trotz Trend zum Studium: Immer weniger BaföG-Empfänger

- 03.08.2015 von Sonja Hess -

Studium FörderungDas BaföG soll Schülern und Studenten aus einkommensschwachen Familie finanziell unter die Arme greifen und damit die berufliche Qualifizierung ermöglichen. Doch trotz steigender Studenten-Zahlen, die Zahl der BaföG-Bezieher sinkt.

Dies geht aus jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes hervor. Im vergangenen Jahr erhielten noch 925.000 Schüler und Studenten die BaföG-Förderung, 3,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Rückgang ist dabei kein Einzelfall, seit dem Höchststand im Jahre 2012 mit 979.000 Förderberechtigten wird die Zahl der Förderempfänger kontinuierlich geringer. Diese Entwicklung scheint im Widerspruch zu den jährlich neuen Rekordzahlen an Studierenden zu stehen. Im Wintersemester 2014/2015 waren an deutschen Hochschulen fast 2,7 Millionen Studenten eingeschrieben – so viel wie nie zuvor.

Förderung über Zuschüsse und Darlehen

Die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungs-Gesetz – kurz BaföG – sieht für Schüler und Studenten finanzielle Hilfe vor, wenn ihre Einkommens- oder Vermögensverhältnisse oder die ihrer Eltern eine entsprechende Qualifizierung verhindern oder nachhaltig erschweren würden. Bei Schülern erfolgt die Förderung über – nicht rückzahlbare – Zuschüsse, bei Studenten als Kombination aus Zuschüssen und zinslosen Darlehen, wobei im Falle besonders guter Leistungen Teile des Darlehens erlassen werden können. Mit dieser Unterstützung erfüllt das BaföG eine wichtige sozialpolitische Funktion, denn Bildungschancen sollen möglichst wenig von der Herkunft bestimmt werden. Wenn die Zahl der BaföG-Empfänger trotz steigender Studentenzahlen sinkt, stellt sich zwangsläufig die Frage, inwieweit dieser sozialpolitische Auftrag noch erfüllt wird.

Erklärungen – es gibt viele Gründe

Bei der Beantwortung ist ein differenzierter Blick erforderlich. Von den 925.000 BaföG-Empfängern waren 647.000 oder rund 70 Prozent Studenten, 278.000 – circa 30 Prozent – gingen dagegen noch zur Schule. Bei den Schülern ist die Zahl der Geförderten mit 5,0 Prozent besonders stark gesunken, während der Rückgang bei den Studenten mit minus 2,9 Prozent etwas moderater ausfiel. Dass weniger Schulbesucher die Förderung erhalten, überrascht dabei nicht. Hier ist der demografische Wandel ein wesentlicher Erklärungsfaktor. Die Schülerzahlen in der Bundesrepublik sinken seit Jahren aufgrund der niedrigen Geburtenraten deutlich. Doch bei den Studenten taugt dieser Erklärungsansatz nicht.

Eine naheliegende andere Erklärung – es besteht dank besserer Einkommen- oder Vermögenssituation weniger Förderbedarf – ist ebenfalls nicht zielführend. Zwar hat sich die Einkommenssituation vieler Familien dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren auch real positiv entwickelt, doch reicht das als Begründung alleine nicht aus. Ein anderer wesentlicher Erklärungsfaktor ist die zögerliche Anpassung von Freibeträgen und Einkommensgrenzen an die allgemeine Preis- und Einkommensentwicklung. Dadurch erfüllen immer weniger Studenten die Voraussetzungen für BaföG-Bezug und fallen aus der Förderung heraus. Es ist ein vergleichbares Phänomen, wie bei der sogenannten „kalten Progression“ im Bereich der Steuern.

Der Bund ist in der Pflicht

Die letzte BaföG-Erhöhung liegt bereits einige Jahre zurück und ist 2010 erfolgt. Die nächste Anpassung soll erst 2016 stattfinden. Nach Ansicht des Deutschen Studentenwerks reichen solche sporadischen Erhöhungen nicht. Gefordert wird vielmehr eine dynamische Anpassung, die sich regelmäßig an der Einkommens- und Preisentwicklung orientiert – ein Modell, dem die Bundesbildungsministerin bisher nicht folgen will. Ministerin Wanka hatte sich zuletzt gegen eine Regelerhöhung ausgesprochen, unter anderem mit dem Argument, dass die studentischen Lebenshaltungskosten nicht zwangsläufig der allgemeinen Preisentwicklung entsprächen. Nichtsdestotrotz sieht auch sie Verbesserungsbedarf. So sollen kurzfristig einige abwicklungstechnische Erleichterungen beim BaföG-Bezug umgesetzt werden. Für Herbst 2016 ist dann eine allgemeine Erhöhung der Förderung um 7 Prozent vorgesehen.

Bund und Länder gaben 2014 insgesamt 3,1 Milliarden Euro für die Förderung aus – 3,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. 900 Millionen Euro gingen dabei an Schüler, 2,3 Milliarden Euro an Studenten. Seit diesem Jahr trägt der Bund die Finanzierungskosten des BaföG alleine. Damit sollten die Länder entlastet werden, um zusätzliche Hochschulinvestitionen vornehmen zu können. Die Finanzierung der Bildung und gleiche Bildungschancen für alle bleiben eine Herausforderung. / Fotoquelle: fotolia.de / © vege

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können