Dass in Deutschland ein wachsender Mangel an Fachkräften herrscht, zeigt sich überall. Längst geht es nicht nur um IT-Spezialisten oder Fachärzte. Firmen können Aufträge nicht annehmen, weil sie kein Personal haben und wer einen Handwerker benötigt, muss entweder lange warten oder sehr viel zahlen. Die Situation wird sich in Zukunft eher verschärfen, weil immer mehr Menschen in Rente gehen und die nachrückenden Jahrgänge die Lücken nicht füllen können. Zur Behebung des Problems hat die Bundesregierung das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen.
Wann tritt das Gesetz in Kraft und worum geht es darin?
Das neue Gesetz tritt am 1. März 2020 in Kraft. Es erleichtert Fachkräften aus Nicht-EU Ländern den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Bisher stand der nur Akademikern mit besonders gefragten Qualifikationen offen. Alle anderen Arbeitssuchenden aus Ländern außerhalb der EU mussten sich komplizierten Auswahlverfahren und Tests unterziehen. Diese Beschränkungen werden nun aufgehoben. In Zukunft können alle Arbeitnehmer mit einer anerkannten Berufsausbildung nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten. Zumindest im Moment gibt es keine bevorzugten Berufe oder Branchen.
Wie sehen die Anforderungen konkret aus?
Bewerber müssen eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können. Diese muss mindestens 2 Jahre gedauert haben. Unter Umständen ist es jedoch möglich, praktische Berufserfahrung bei der Beantragung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu berücksichtigen. Die Anerkennung erfolgt in einem individuellen Verfahren. Davon sind nur IT-Spezialisten mit wenigstens 3 Jahren Berufserfahrung und einem Bruttoverdienst ab 4.020 Euro/Monat ausgenommen.
Welche anderen Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um immigrieren zu können?
Interessenten müssen in Besitz eines Visums sein. Es muss eine Aufenthaltserlaubnis vorliegen, die zum Arbeiten oder zur Arbeitssuche berechtigt. Bis auf wenige Ausnahmen müssen die Dokumente vor der Einreise bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt werden. Antragsteller müssen nachweisen, dass sie in der Lage sind, für sich und alle sie begleitenden Familienangehörigen selbst zu sorgen. Antragsteller älter als 45 Jahre müssen entweder einen Bruttoverdienst von 3.795 Euro/Monat oder eine ausreichende Altersvorsorge nachweisen.
Ausreichende Deutschkenntnisse mindestens auf B1 Niveau sind ebenfalls erforderlich. Vor Arbeitsaufnahme müssen die Arbeitsbedingungen des jeweiligen Arbeitsplatzes geprüft werden, um Lohndumping auszuschließen.
Wie wird die berufliche Qualifikation anerkannt?
Das geschieht im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens bei der jeweiligen Ausländerbehörde des Arbeitsorts. Das Verfahren wird nur auf Antrag durchgeführt. Stellt der zukünftige Arbeitgeber den Antrag, wird dieser bevorzugt bearbeitet. Die Kosten der Bearbeitung betragen mehrere Hundert Euro und werden für jeden Fall abhängig vom Aufwand individuell festgelegt. Gegen die Entscheidung der Ausländerbehörde können die Antragsteller Widerspruch einlegen.
Kann das Anerkennungsverfahren durch Qualifikationen in Deutschland erleichtert werden?
Das ist möglich, wenn der Bewerber nach §18 Aufenthaltsgesetz als Fachkraft eingestuft wird. Dann besteht bis zu 2 Jahre nach der Einreise die Möglichkeit, durch Lehrgänge und Prüfungen die berufliche Qualifikation so weit zu verbessern, dass sie den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarkts entspricht. Wer in Deutschland eine Ausbildung in einem anerkannten Beruf erfolgreich abschließt, qualifiziert sich für eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
Welche weiteren Vorteile ergeben sich aus dem neuen Gesetz?
Arbeitnehmer, die einen in Deutschland anerkannten Beruf ausüben, gestattet das neue Gesetz, sich bis zu 6 Monaten in Deutschland aufzuhalten, um nach einem Arbeitsplatz zu suchen. So etwas war zuvor nur für Akademiker möglich. Während dieser Zeit sind Praktika und Probearbeiten bis maximal 10 Stunden pro Woche möglich. Personen, die jünger als 25 Jahre alt sind, können sich bis zu 6 Monate in Deutschland aufhalten, um nach einem Ausbildungsplatz zu suchen.
Wird das Fachkräfteeinwanderungsgesetz den Personalmangel beheben?
Höchstwahrscheinlich nicht, da die Anforderungen sehr hoch sind. Bei vielen Ländern außerhalb der EU ist eine abgeschlossene Berufsausbildung eher die Ausnahme als die Regel. Zudem scheitern viele Bewerber an ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache. Wer weder auf die Unterstützung des Arbeitgebers oder von in Deutschland lebenden Verwandten zählen kann, dürfte es zudem schwer haben, nachzuweisen, dass der Lebensunterhalt aus eigener Tasche bestritten werden kann. / Fotoquelle: © fizkes – Shutterstock.com