Der Dunning-Kruger-Effekt am Arbeitsplatz

- 03.04.2025 von Daniela Lütke -

Kollegen und SelbstüberschätzungDer Dunning-Kruger-Effekt beschreibt eine Form der verzerrten Selbstwahrnehmung, bei der sich Betroffene kompetenter einschätzen, als sie tatsächlich sind. Tritt dieses Phänomen am Arbeitsplatz auf, kann es zu Problemen führen, da Mitarbeiter einerseits Fehler machen, andererseits aber nicht bereit sind, daran zu arbeiten, weil sie ihre eigene Inkompetenz nicht erkennen.

Was ist der Dunning-Kruger-Effekt?

Benannt wurde dieses Phänomen nach zwei US-amerikanischen Psychologen, die 1999 Studenten nach ihrer Selbsteinschätzung befragten. Dabei stellte sich heraus, dass sich Studenten mit schlechteren Noten regelmäßig überschätzten, während sich leistungsstärkere tendenziell unterschätzten. Die Forscher identifizierten dabei folgende Merkmale:

  • Neigung zum Größenwahn
  • Gefühl der Einzigartigkeit
  • Selbstwahrnehmung als besonders talentiert
  • Streben nach Bewunderung
  • Überzeugung, stets recht zu haben

Dieser Effekt tritt in einer Art Spirale auf, die das Verhalten verstärkt und eine Weiterentwicklung verhindert. Zunächst kommt es zur Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, wodurch Betroffene nicht erkennen, dass sie noch nicht über die erforderliche Kompetenz verfügen. Dies verhindert eine gezielte Verbesserung ihrer Fähigkeiten. Gleichzeitig sind sie nicht in der Lage zu erkennen, dass andere kompetenter sind, wodurch ein Lernprozess ausbleibt, da sie diese nicht als Ratgeber akzeptieren.

Der Dunning-Kruger-Effekt im Alltag

Der Dunning-Kruger-Effekt ist weit verbreitet, und fast jeder kennt Menschen, die diesem Muster entsprechen. Viele Arbeitnehmer und Führungskräfte haben schon neue Mitarbeiter erlebt, die glauben, bereits am ersten Tag alles zu können. Häufig tritt dieser Effekt auch bei Autofahrern auf, da viele davon überzeugt sind, besser zu fahren als der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer.

Ein weiteres Beispiel zeigt sich bei Sportveranstaltungen: Viele Zuschauer sind überzeugt, das Spiel besser anleiten zu können als der Trainer. Ähnliches gilt für die Politik, wo zahlreiche Wähler glauben, die Lösungen für sämtliche Probleme zu kennen, während sie die gewählten Politiker für inkompetent halten.

Nachteile für den beruflichen Alltag

Im Berufsleben sind Teamfähigkeit und konstruktive Zusammenarbeit entscheidend. Wer sich selbst für den Besten hält und keine anderen Meinungen zulässt, eignet sich kaum als Teamplayer. Betroffene neigen dazu, die Richtung vorzugeben und erwarten, dass andere ihnen folgen. Der Dunning-Kruger-Effekt tritt deshalb häufig bei Führungskräften auf, mit potenziell negativen Folgen für das Unternehmen. Inkompetenz in leitenden Positionen, gepaart mit der Unfähigkeit, diese zu erkennen, führt oft zu schlechteren Arbeitsergebnissen und ineffizienten Entscheidungsprozessen.

Der Umgang mit betroffenen Mitarbeitern

Zunächst gilt es zu erkennen, ob ein Mitarbeiter tatsächlich kompetent ist oder ob er sich nur so gibt. Im nächsten Schritt sollte nicht gezögert werden, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin darauf anzusprechen. Eine kurze Ermahnung zwischen Tür und Angel wird in diesem Fall jedoch kaum zum gewünschten Ergebnis führen. Stattdessen ist ein ernsthaftes Gespräch erforderlich, das die Problematik aufzeigt und eine Weiterentwicklung der Fähigkeiten anregt.

Das Hauptproblem bei Menschen mit dem Dunning-Kruger-Effekt ist ihr Halbwissen, das sie für ausreichend halten. Hier können verpflichtende Schulungsmaßnahmen helfen, um bestehende Wissenslücken zu schließen und ein realistischeres Selbstbild zu fördern.

Die Vorteile des Dunning-Kruger-Effekts

Trotz seiner negativen Aspekte kann der Dunning-Kruger-Effekt auch positive Seiten haben. Wer sich dieser Problematik bewusst ist, kann in der Arbeitswelt viel bewirken. Sich selbstüberschätzende Mitarbeiter haben oft den Mut, neue Projekte zu starten, bei denen andere zögern würden. Sie sind begeisterungsfähig und gehen neue Aufgaben mit Elan an. Die Herausforderung besteht darin, diesen Enthusiasmus langfristig zu erhalten. Vorgesetzte können eine entscheidende Rolle spielen, indem sie betroffene Mitarbeiter zu mehr Selbsteinsicht und Teamgeist bewegen. Gelingt dies, können sie sich zu wertvollen Führungskräften entwickeln. / Fotoquelle: © Bojan Milinkov – Shutterstock.com

Autor: Daniela Lütke

Daniela ist 2016 zu uns gestoßen. Als Journalistin und ehemalige Unternehmensberaterin hat sie sich ein enormes Wissen zu den Themen Ausbildung, Beruf & Karriere aufgebaut und versteht es, dieses geschickt in Worte zu fassen.