Die größten Irrtümer im Arbeitsrecht

- 27.04.2023 von Sonja Hess -

Krankschreibung und PausenJeder Arbeitnehmer sollte die Vorschriften des Arbeitsrechts genau kennen, denn nur so lassen sich folgenschwere Fehler vermeiden, die zu Missverständnissen führen oder im schlimmsten Fall sogar den Arbeitsplatz kosten können.

Irrtümer über Krankheit und Krankschreibung

Viele Arbeitnehmer glauben, dass sie während einer Krankheit nicht gekündigt werden können. Richtig ist, dass eine kurze Krankheit kein Kündigungsgrund ist und der Arbeitnehmer daher nicht befürchten muss, sofort entlassen zu werden. Anders verhält es sich, falls sich die Krankheiten häufen. Meldet sich ein Arbeitnehmer immer und immer wieder krank, ist dies für den Arbeitgeber irgendwann nicht mehr zumutbar und rechtfertigt eine Kündigung. Allerdings sind da einige Regeln einzuhalten.

Es besteht kein Anspruch auf Arztbesuche während der Arbeitszeit. Diese sind, wenn möglich, in der arbeitsfreien Zeit zu erledigen. Fühlt sich ein Arbeitnehmer vor oder während der Arbeit unwohl, muss er dies unverzüglich seinem Vorgesetzten melden. Dies kann persönlich, telefonisch oder per E-Mail geschehen. Es gibt keine genauen Vorschriften, auch ein Kollege kann die Krankmeldung vornehmen. Nach dem Arbeitsrecht muss die Krankschreibung spätestens nach drei Tagen erfolgen. Dies ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Manche Chefs möchten, dass dies bereits am ersten Fehltag geschieht. Das ist legitim und der Arbeitnehmer muss sich daran halten.

Ein weiterer weit verbreiteter Irrtum ist, dass die auf der Krankschreibung angegebene Krankheitsdauer bindend ist. Fühlt sich der Arbeitnehmer gesund, kann er jederzeit zur Arbeit gehen und muss nicht befürchten, seinen Versicherungsschutz zu verlieren.

Arbeitnehmer, die während ihres Urlaubs erkranken, lassen sich nach einem Arztbesuch häufig nicht krankschreiben, da sie ja ohnehin frei haben. Der Urlaub dient jedoch der Erholung, und wer sich in dieser Zeit krankschreiben lässt, kann den Urlaub später nachholen.

Was ist bei der Arbeitszeit zu beachten?

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich gehalten, seine arbeitsrechtlichen Pflichten pünktlich zu erfüllen. Dies gilt auch bei Streik und besonderen Witterungsverhältnissen. Wenn absehbar ist, dass an einem Tag die Bus- und Bahnfahrer streiken, muss sich der Arbeitnehmer rechtzeitig um eine Alternative bemühen. Einfach an diesem Tag zu Hause zu bleiben, kann zu einer Abmahnung und im schlimmsten Fall zu einer Kündigung führen.

Eine gängige Praxis ist es, die Mittagspause ausfallen zu lassen und dafür früher Feierabend zu machen. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden sind mindestens 30 Minuten gesetzlich vorgeschrieben. Die Pause einfach verstreichen zu lassen und eher zu gehen, verstößt also gegen das Gesetz.

Der Urlaub muss in dem dafür vorgesehenen Jahr genommen werden. Eine Übertragung auf das Folgejahr ist nur in Ausnahmefällen und aus besonderen Gründen möglich.

Mythen über Arbeitsvertrag und Kündigung

In den meisten Unternehmen wird ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen. Eine mündliche Vereinbarung ist ebenfalls bindend, kann aber im Konfliktfall zu Problemen führen. Es ist daher sinnvoll, die wichtigsten Punkte schriftlich festzuhalten.

Eine Kündigung hingegen muss schriftlich erfolgen. Auch während der Probezeit gelten für den Arbeitnehmer die gesetzlichen Kündigungsfristen. Niemand muss also befürchten, ohne triftigen Grund fristlos gekündigt zu werden.

Manchmal steht im Arbeitsvertrag, dass Überstunden unentgeltlich zu leisten sind. Solche unklaren Formulierungen sind ungültig. Sind eine bestimmte Anzahl von Überstunden zu erbringen, muss dies im Arbeitsvertrag eindeutig geregelt sein.

Der Arbeitnehmer ist zwar verpflichtet, über betriebliche Vorgänge gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren, dies gilt jedoch nicht für das Gehalt. Nach dem Entgelttransparenzgesetz hat er sogar einen Anspruch darauf zu erfahren, wie hoch das durchschnittliche Entgelt seiner Kollegen ist, damit die gleiche Arbeit im Betrieb genauso entlohnt wird.

Sich informieren ist wichtig

Die genannten Irrtümer sind bei weitem nicht alle Mythen, die es im Arbeitsrecht gibt. Immer wieder kommen neue Regelungen hinzu und es lohnt sich, über die einschlägigen Vorschriften auf dem Laufenden zu bleiben. Wer nicht Bescheid weiß, lässt sich Vorteile entgehen oder riskiert bei Fehlverhalten sogar die Kündigung. / Fotoquelle: © Khosro – Shutterstock.com

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können