Gesetzliche Regelungen zu Überstunden

- 22.03.2016 von Sonja Hess -

In zahlreichen Unternehmen Deutschlands fallen sie regelmäßig an: Überstunden. Doch ist es Arbeitnehmern erlaubt, Überstunden zu leisten oder können Arbeitgeber diese einfach so anweisen? Der folgende Text beleuchtet die individuellen und gesetzlichen Regelungen und soll etwas Licht in den Überstunden Dschungel bringen.

Was Überstunden eigentlich sind

Arbeitnehmer leisten im Unternehmen eine vertraglich vereinbarte Zahl an Arbeitsstunden. Von voller Berufstätigkeit spricht man bei einer arbeitsvertraglich festgelegten Zahl von 40 Wochenarbeitsstunden. Daneben können im Arbeitsvertrag auch 30 oder 20 Wochenarbeitsstunden vereinbart werden. Dann arbeiten Arbeitnehmer verkürzt oder halbtags. Bei Überstunden leisten Angestellte dagegen mehr als vertraglich festgelegt. Wer in der Woche statt 40 Arbeitsstunden beispielsweise 45 Arbeitsstunden arbeitet, kommt auf fünf Überstunden je Arbeitswoche.

Auf welcher rechtlichen Basis Überstunden zu leisten sind

Viele Arbeitsverträge enthalten heute eine sogenannte Überstundenklausel, die es Arbeitgebern erlaubt, Überstunden anzuordnen. Allerdings muss die Höchstzahl der zu leistenden Überstunden schriftlich fixiert sein, sonst ist die Klausel unwirksam. Im Arbeitsvertrag sind Überstunden unter dem Punkt Überstundenregelung zu finden. Arbeitgebern ist es übrigens nicht erlaubt, vom Arbeitnehmer Überstunden zu verlangen. Basis sind und bleiben die im Arbeitsvertrag festgelegten Überstunden. Im Havarie- oder Katastrophenfall, in dem es eventuell sogar um die Zukunft des Unternehmens geht, können Arbeitgeber jedoch Überstunden zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs anordnen. Die Klausel, dass Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist rechtswidrig. Mitarbeiter können sich in so einem Fall an das zuständige Arbeitsgericht wenden.

Der Betriebsrat hat bei Überstunden ein Mitbestimmungsrecht

Unternehmen, in denen es einen Betriebsrat gibt, müssen diesem beim Thema Überstunden ein Mitbestimmungsrecht einräumen. Geregelt ist dieses im § 87 Abs.1 Nr. 3 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG). In der Praxis läuft es meist so ab, das Arbeitgeber und Betriebsrat zu den Überstunden eine Betriebsvereinbarung erstellen. In dieser wird festgehalten, wie viele Überstunden zulässig sind und unter welchen Umständen das Unternehmen Überstunden anordnen darf. Die Betriebsvereinbarung erhält durch die Unterschriften beider Vertragspartner Rechtsgültigkeit. Darüber hinaus werden Überstunden auch in Tarifverträgen geregelt. Es liegt im Ermessen des Unternehmens und des Betriebsrates, ob sie sich an die Regelungen im Tarifvertrag oder in einer individuellen Betriebsvereinbarung orientieren.

Welches Gesetz bei Überstunden gilt

Details zu Überstunden oder Mehrarbeit sind ebenfalls im Ar­beits­zeit­ge­setz (Arb­ZG) geregelt. Dabei legt das Arbeitszeitgesetz eine wöchentliche Regelarbeitszeit von 48 Stunden in der Woche zugrunde, da es von der Sechstagewoche ausgeht. Unternehmen ist es laut Ar­beits­zeit­ge­setz sogar möglich, die tägliche Arbeitszeit um 10 Stunden zu erhöhen, jedoch nur wenn es anschließend einen Ausgleichszeitraum von sechs Monaten oder 24 Wochen gibt, in dem die Arbeitszeit acht Stunden täglich nicht überschreitet (§ 3 Satz 2 Arb­ZG). Laut Arbeitszeitgesetz sind 45 statt 40 Wochenarbeitsstunden also noch keine Überstunden.

Einzelvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Einigen sich ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber mündlich oder stillschweigend darauf, Überstunden zu leisten, braucht es dazu keine schriftliche Fixierung. Die Regelung gilt bereits als einvernehmlich. Dieser Fall kommt vor, wenn Arbeitnehmer für erkrankte Kollegen die Vertretung übernehmen oder die Überstunden aufgrund eines größeren Auftragsvolumens erforderlich sind. Ist der Kollege wieder gesund und der Auftrag erfolgreich abgewickelt, sind auch die Überstunden nicht mehr notwendig. In den meisten Fällen werden diese dann abgefeiert.

Wie können Überstunden abgegolten werden

Auf die geleisteten Überstunden hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, er darf die Überstunden abfeiern. Auf eine Bezahlung der Überstunden haben Arbeitnehmer dagegen keinen Rechtsanspruch. Die Entscheidung darüber, ob Überstunden bezahlt werden, obliegt dem Ermessen des Unternehmens. Bei einer Bezahlung von geleisteten Überstunden wird das vereinbarte Bruttogehalt zugrunde gelegt. In der Regel wird für die Berechnung die folgende Formel angewendet:

Mo­nats­ge­halt x 3 : 13 : An­zahl der Wo­chen­ar­beits­stun­den

Der errechnete Betrag wird mit dem nächsten Gehalt vergütet. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge fallen bei der Bezahlung von Überstunden an. Bezahlte Überstunden erhöhen das jährliche Bruttogehalt und können sich sogar auf Rentenansprüche auswirken. / Fotoquelle: fotolia.de / © Wolfgang Zwanzger

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können