Grenzgänger – wohnen und arbeiten in verschiedenen Ländern

- 17.06.2021 von Marlen Schurr -

EU und NachbarlandDer Zusammenschluss von 27 europäischen Staaten zur EU hat Auswirkungen auf den Alltag vieler Bürger. Zwischen den Mitgliedstaaten wurde Freizügigkeit vereinbart. Das bedeutet, EU-Bürger können in jedem Mitgliedsland wohnen und arbeiten, ohne dafür eine besondere Genehmigung zu benötigen. Aufgrund dieser Regelung gibt es ca. 250.000 Deutsche, die als Grenzgänger bezeichnet werden.

Was ist ein Grenzgänger?

Damit ist ein Arbeitnehmer gemeint, der in einem Mitgliedsstaat der EU wohnt und in einem anderen Mitgliedsstaat arbeitet. Die meisten Grenzgänger überqueren die Grenze täglich, zumindest aber einmal pro Woche. In der Regel leben Grenzgänger im grenznahen Raum, etwa 20-30 km von der Grenze entfernt. Grenzpendler sind dagegen Arbeitnehmer, die im Ausland leben und nach Deutschland zur Arbeit pendeln. Aufgrund der EU-Gesetze benötigen Grenzgänger (vorausgesetzt sie sind EU-Bürger) keine besondere Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis, um im Nachbarland zu arbeiten. Im Prinzip kann jeder Grenzgänger werden. Dieses lohnt sich allerdings nur, wenn man dicht an der Grenze wohnt, sonst wären die Fahrtkosten und der Zeitaufwand zu groß.

Wie sieht das mit der Lohnsteuer aus?

Das Thema ist in der EU nicht einheitlich geregelt. Vielmehr hat Deutschland mit seinen Nachbarländern Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart. Wie ihr Name sagt, sollen diese Abkommen verhindern, dass Arbeitnehmer zweimal besteuert werden. Meistens ist es so geregelt, dass der Arbeitnehmer dort Lohnsteuer bezahlt, wo er arbeitet. Wenn beispielsweise ein Deutscher in den Niederlanden arbeitet, bezahlt er dort seine Lohnsteuer. Der Nettolohn ist in Deutschland steuerfrei. Von dieser Regel gibt es jedoch Ausnahmen. Grenzgänger nach Österreich und nach Frankreich bezahlen in Deutschland, ihrem Wohnsitz, Lohnsteuer. Dazu kommt, dass sie nur als Grenzgänger anerkannt werden, wenn sie in einer genau definierten Zone leben.

Diese Regelungen gelten nicht für Grenzgänger in die Schweiz, die ja bekanntlich kein EU Staat ist. Die 60.000 deutschen Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten, müssen in beiden Ländern Steuern zahlen.

Welche Steuern müssen im Land des Wohnsitzes gezahlt werden?

Wer in Deutschland wohnt, im Ausland arbeitet und in Deutschland Nebeneinkünfte erzielt, muss diese sowie alle in Deutschland erzielten Einkünfte auch dort versteuern. Das Finanzamt addiert das im Ausland erzielte Einkommen zum deutschen Einkommen. Das kann unter Umständen zu einem höheren Steuersatz führen (Progression). Am Wohnort sind auch Vermögenssteuer, Kapitalertragsteuer, Grundstückssteuer und ähnliche Steuern zu zahlen.

Wie sieht das mit den Sozialabgaben und den Sozialleistungen aus?

Grundsätzlich zahlen Grenzgänger Sozialbeiträge in dem Land, in dem sie arbeiten und sind dort auch versichert. Wird der Arbeitnehmer krank, bekommt er Krankengeld von seinem Arbeitgeber im Ausland. Er hat aber das Recht, zur Behandlung einen Arzt in Deutschland aufzusuchen. Die gesetzliche Krankenversicherung gilt innerhalb der gesamten EU. Wird der Grenzgänger dagegen arbeitslos, muss er ALG I bei der für seinen Wohnort in Deutschland zuständigen Arbeitsagentur beantragen.

Müssen Grenzgänger ein Konto bei einer Bank im Ausland einrichten?

Nein, dass ist nicht notwendig. Der Arbeitgeber aus einem anderen EU-Staat ist verpflichtet, den Lohn und Sozialleistungen des Grenzgängers auf dessen Konto bei einer Bank in Deutschland zu überweisen. Einziger Nachteil: es könnte unter Umständen etwas länger dauern, bis das Geld verbucht wird.

Wie sieht es mit der Rente aus?

In der Regel werden Rentenansprüche, die in einem anderen EU-Staat erworben wurden, in Deutschland anerkannt und als deutsche Rente ausgezahlt. Wenn der Rentner jedoch seinen Wohnsitz außerhalb der EU verlegen sollte, kann es passieren, dass er diese Ansprüche verliert oder dass sie gekürzt werden.

In Bezug auf Steuern und Rentenrecht ist das Thema Grenzgänger relativ kompliziert. In der EU gibt es keine einheitlichen Regelungen. Daher empfiehlt es sich, einen Termin mit einem erfahrenen Steuerberater zu verabreden und sich fachkundig beraten zu lassen. Dadurch können Grenzgänger vermeiden, dass sie eines Tages Probleme bekommen und Nachzahlungen leisten müssen oder die Rente gekürzt wird. / Fotoquelle: © Jacob Lund – Shutterstock.com

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!