Hat man mit 50+ noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

- 18.01.2023 von Sebastian Rheingauer -

Jobwechsel und KarriereIn einer Zeit, in der angeblich nur die Jugend zählt, sprechen die Zahlen für sich: Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland ist heute älter als 55 Jahre. Welche Chancen haben also Ältere auf dem Arbeitsmarkt?

Wie sehen die Fakten aus?

Viele Menschen empfinden es als einen Schicksalsschlag, wenn sie dazu gezwungen werden, im reiferen Alter den Job zu wechseln. Sie glauben, dass sie in ihrem Alter keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. Dem stehen andere gegenüber, die im reiferen Alter von sich aus auf Jobsuche gehen, weil sie mit ihrer derzeitigen Tätigkeit nicht zufrieden sind und noch einmal eine neue Herausforderung suchen. Insgesamt betrachtet, waren jedoch die Chancen für ältere Bewerber noch nie besser als zum aktuellen Zeitpunkt. Der chronische Mangel an Fachkräften öffnet vielen Arbeitssuchenden Möglichkeiten, die vorher nicht existierten. Diese Aussage gilt natürlich nicht für alle Berufsgruppen.

Tätigkeiten, die harten körperlichen Einsatz erfordern, beispielsweise auf dem Bau, eignen sich nur noch bedingt für ältere Bewerber. Eine Neueinstellung in dieser Berufssparte für einen Bewerber in den 50ern wird eher schwieriger als für eine Person, die in diesem Alter einen Bürojob sucht. Wo ältere Bewerber vielleicht nicht mehr mit übermäßiger körperlicher Belastung punkten können, bringen sie andere wertvolle Pluspunkte mit, die in Unternehmen immer wichtiger werden, nämlich Erfahrung und Können. Ältere profitieren enorm von dieser Entwicklung. Viele arbeiten sogar über den Eintritt ins Rentenalter hinaus und das nicht immer, weil sie sich etwas dazu verdienen müssen.

Vor- und Nachteile der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer

Zunächst ein paar Fakten, die für die Neueinstellung älterer Arbeitnehmer sprechen:

  • Menschen über 50 fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie noch einmal für eine verantwortungsvolle Tätigkeit eingestellt werden, was sich oftmals in der Qualität ihrer Arbeit widerspiegelt.
  • Sie bringen ihre Erfahrung und ihr Können in die neue Firma ein.
  • Ältere Arbeitnehmer sind nachweisbar zuverlässiger und haben in der Regel weniger Fehlzeiten als junge Kollegen.
  • Da die Kinder meistens schon aus dem Haus sind, haben sie oftmals weniger familiäre Probleme, die sie mit in die Firma bringen.
  • Im Team sind Ältere oft der ruhende Pol. Sie vermitteln zwischen den Kollegen und tragen zu einem entspannteren Arbeitsklima bei.

Was spricht gegen die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer?

Abgesehen von den Vorurteilen, die einige Personaler noch immer gegen ältere Arbeitnehmer hegen, ist es nun mal Fakt, dass ältere Arbeitnehmer nur noch wenige Jahre bis zum Renteneintritt haben. Dieser Nachteil schwächt sich jedoch ab, weil erstens der Staat das Renteneintrittsalter immer weiter anhebt und zweitens in vielen Berufen mehr geistige Fähigkeiten gefragt sind, während die physische Kondition in den Hintergrund tritt.

Welche Schwierigkeiten können auf ältere Bewerber zukommen?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das gilt auch für die Arbeitswelt. Immerhin verbringen die meisten Menschen mehr Zeit auf der Arbeit mit ihren Kollegen als mit der Familie zu Hause. Im Laufe der Zeit bilden sich automatisch Gewohnheiten heraus, die bei Älteren sehr gefestigt sind. Ihnen fällt es schwerer als Jüngeren, sich einer neuen Umgebung anzupassen, selbst wenn sie ihre gewohnte Tätigkeit auch in der neuen Firma ausüben sollen. Das Problem wird noch verschärft, wenn sie beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen einen kompletten Neustart in einem anderen Arbeitsbereich vollziehen müssen. Das führt zu Unsicherheiten und mangelndem Selbstvertrauen. Durch eine intensive Einarbeitung und das Verständnis der Kollegen lassen sich diese Anfangsprobleme jedoch bewältigen.

In welchen Branchen haben Ältere besonders gute Chancen?

Arbeitnehmer über 50 haben besonders als Fachkräfte gute Chancen. Dort sind sogar die Mehrheit der Beschäftigten über 50 Jahre alt. Hier kommen positive Fakten wie Berufserfahrung, Zuverlässigkeit und Loyalität besonders zum Tragen. Nicht wenige ältere Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung bleiben beispielsweise in ihrer Firma und werden als Lehrausbilder tätig. Sie können ihre Erfahrungen an Berufsanfänger weitergeben, werden aber körperlich nicht mehr so stark beansprucht. Gute Chancen bestehen auch in beratenden Tätigkeiten, da diese jahrelange Erfahrungen voraussetzen.

Was sollten Ältere bei der Bewerbung beachten?

Die Bewerbung sollte übersichtlich und nicht zu umfangreich sein. Kein Personaler hat Zeit oder Lust, einen Roman zu lesen. Die Bewerbung sollte zur Stelle passen, für die man sich bewirbt. Sehr wichtig ist, dass der Bewerber glaubhaft darlegt, warum er denkt, dass er oder sie für die Stelle geeignet ist. Neben den relevanten Qualifikationen sollten passende Softskills hervorgehoben werden, beispielsweise Sprachkenntnisse oder Erfahrung im Umgang mit Kindern, älteren Menschen oder beim langjährigen Einsatz im Kundendienst. Mit Selbstvertrauen und Ausdauer haben also auch ältere Arbeitnehmer gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Sie dürfen sich nur nicht so schnell entmutigen lassen. / Fotoquelle: © stockfour – Shutterstock.com

Autor: Sebastian Rheingauer

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