Das Kind ist krank – wie lange dürfen die Eltern auf der Arbeit fehlen?

- 19.06.2015 von Sonja Hess -

Neuregelung ElterngeldEs kommt stets überraschend und passt nie: Das Kind wird krank und muss betreut werden. Eltern können dabei im Rahmen gewisser Höchstgrenzen bezahlte Freistellungstage in Anspruch nehmen. Oft reichen diese Tage über das Kalenderjahr kaum aus, und die Situation setzt Eltern zusätzlich zur Erkrankung unter Druck. Die Fürsorgepflicht gegenüber dem Kind steht der Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag gegenüber. Wie verhalten sich die Eltern in jeder Hinsicht korrekt?

Maximal 20 Tage pro Jahr bezahlte Freistellung

Der Gesetzgeber gewährt jedem Elternteil maximal 10 Tage bezahlte Freistellung pro Jahr, um ein krankes Kind zu versorgen. Alleinerziehende haben 20 Tage zur Verfügung. Manche Arbeitgeber gewähren aus Sondervereinbarungen und Tarifverträgen mehr Freistellungstage zur Pflege eines kranken Kindes. Insbesondere im Bereich des öffentlichen Dienstes werden oft bis zu 4 zusätzliche Freistellungstage angeboten. Voraussetzung für alle Freistellungen ist das Alter des Kindes: Das Kind darf das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Weitere Freistellungsmöglichkeiten

Was tun Eltern, wenn das Kind älter als 12 Jahre ist? Eine Ausweichmöglichkeit bietet unter Umständen § 616 BGB. Diese Vorschrift sieht bei einer vorübergehenden Verhinderung etwa wegen der Pflege eines nahen Angehörigen die Möglichkeit einer bezahlten Freistellung vor. So kann auch ein älteres Kind für die Dauer von 5 Tagen von einem Elternteil gepflegt werden, ohne dass dieser seinen Anspruch auf Entgeltzahlung verliert. Findige Arbeitgeber schließen § 616 BGB jedoch gern im Arbeitsvertrag aus , deshalb sollte vor seiner Inanspruchnahme der Arbeitsvertrag nochmals angesehen werden.

Möglich sollte es auch sein, mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, dass zur Krankenbetreuung Überstunden abgebummelt werden. Auch können Urlaubstage genommen werden, oder als weitere Möglichkeit kann auch unbezahlter Urlaub in Betracht gezogen werden. Manche Arbeitgeber zeigen sich kulant mit Home Office Lösungen, bei denen der Arbeitnehmer seine Arbeit teilweise daheim ableisten kann. Insbesondere kommt diese Alternative bei IT-gestützten Arbeiten in Frage, die auch einmal an einem anderen Ort erledigt werden können. Möglicherweise kommen verkürzte Arbeitszeiten in Betracht. Das Einvernehmen mit dem Arbeitgeber sollte gesucht werden.

Bei sehr schweren Erkrankungen auch gerade älterer Kinder finden weiterhin die Regelungen des Pflegezeitgesetzes Anwendung. 10 Tage unbezahlte Freistellung sind nach dessen Vorschriften möglich.

Ist die eigene Krankschreibung legal?

Verzweifelte Eltern denken auch schon einmal darüber nach, sich selbst wegen der Erkrankung des Kindes krankschreiben zu lassen. Obwohl faktisch möglich, wenn ein Arzt ein solches Attest ausstellt, handelt es sich um einen Betrug gegenüber dem Arbeitgeber. Eltern rutschen damit leicht in strafbewehrte Handlungen ab und riskieren außerdem ihren Arbeitsplatz. Auch der Arzt macht sich schuldig, wenn er ohne Anhaltspunkte für eine Erkrankung des Elternteils ein solches Attest ausstellen würde. Ernsthaft sollte also diese Möglichkeit nicht wirklich in Betracht gezogen werden.

Fürsorgepflicht contra Arbeitspflicht?

Wer sich als Elternteil über eine mögliche Verletzung seiner Fürsorgepflicht Gedanken macht, wenn er ein älteres Kind krank allein zu Hause lässt, kann aufatmen. Ab 12 Jahren sehen rechtliche Experten das Kind regelmäßig als selbstständig genug an, allein zu Hause zu bleiben. Allerdings wird es bei der Bewertung auch auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommen. Eine schwerwiegende Erkrankung oder ein vom Durchschnitt abweichender Entwicklungsstand des Kindes können eine andere Sicht der Dinge rechtfertigen. Eltern sollten hier ihrem Gefühl folgen und den Erfahrungen mit dem Kind im normalen Alltag außerhalb der Erkrankung. Unter Umständen können Hilfspersonen zumindest teilweise das Kind betreuen und den Eltern so Unterstützung leisten. Einfach ist eine solche Situation allerdings nie.

Mit dem Arbeitgeber reden

Die Krankheit eines Kindes, zumal in schweren Fällen, ist für Eltern oft nicht leicht zu ertragen. Die Pflege ist oft schwierig zu organisieren. Wichtig ist, dass die Betroffenen das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen, um gemeinsam eine für alle Seiten verträgliche Lösung suchen. Dies gilt umso mehr bei ernsthaften Erkrankungen.

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können