Können Überstunden verfallen?

- 10.10.2018 von Sebastian Rheingauer -

Mehrarbeit und ÜberstundenzuschlagDie deutsche Wirtschaft boomt und die Auftragsbücher der meisten Unternehmen sind bis zum Rand gefüllt. Das bekommen auch die Mitarbeiter zu spüren, denn in vielen Firmen fallen Überstunden an.

Warum sind Überstunden notwendig?

Dafür gibt es viele Gründe. Es kommt zum Beispiel immer wieder vor, dass ein Kunde einen dringenden Auftrag erteilt, der keinen Aufschub duldet. Manchmal müssen Überstunden aber auch geleistet werden, weil es Störungen oder Probleme im innerbetrieblichen Produktionsablauf gegeben hat. Eine Maschine ging unerwartet kaputt oder Rohstoffe bzw. Vorprodukte wurden nicht rechtzeitig geliefert, sodass ein Auftrag nicht termingerecht fertiggestellt werden konnte.

Wie werden Überstunden abgegolten?

Dafür gibt es 2 Möglichkeiten. In einigen Firmen werden Überstunden bezahlt, in anderen dagegen gibt es Freizeitausgleich. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Werden Überstunden bezahlt, erfolgt der Ausgleich in der Regel bei der nächsten Lohn- oder Gehaltszahlung. Der Nachteil dieser Option besteht darin, dass Überstunden mit dem Spitzensteuersatz versteuert werden, sodass fast die Hälfte des Geldes an den Fiskus abgeführt werden muss.

Das kann nicht passieren, wenn geleistete Überstunden mit Freizeitausgleich abgegolten werden. Bei dieser Option geht dem Arbeitnehmer nichts verloren. Pro geleisteter Überstunde gibt es eine Stunde Freizeit. Der Nachteil dieser Option besteht darin, dass sich der Arbeitnehmer nicht aussuchen kann, wann er die Freistunden nehmen kann, denn das wird vom Arbeitgeber festgelegt. Dadurch kann es passieren, dass er mitten in der Woche frei bekommt oder im November in den Zwangsurlaub geschickt wird, um Überstunden abzubummeln. Welche Form der Vergütung von Überstunden genutzt wird, entscheidet in der Regel der Arbeitgeber.

Gibt es eine gesetzliche Frist zur Verjährung von Überstunden?

Ja, diese beträgt 3 Jahre. Wenn nach 3 Jahren kein Ausgleich der Überstunden stattgefunden hat, ist der Anspruch des Arbeitnehmers verjährt. Die gesetzliche Verjährungsfrist ist im § 195 BGB festgehalten. Sie beginnt übrigens nicht zum Zeitpunkt, an dem die Überstunden erbracht wurden, sondern erst am 31. Dezember des Jahres, in dem die Überstunden geleistet wurden, selbst wenn das bereits im Januar passierte.

Gibt es auch kürzere Verjährungsfristen?

Ja, in einigen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen sind kürzere Fristen vereinbart. Diese werden als Ausschlussfrist bezeichnet. Dadurch soll ein zeitnaher Abbau der Überstunden gewährleistet werden. Die kürzeste Frist, die das Gesetz erlaubt, beträgt 3 Monate. Kürzere Fristen sind unwirksam, weil dem Arbeitnehmer dann nicht genug Zeit bleibt, um einen Ausgleich seiner Überstunden zu fordern. Sind die im Vertrag vereinbarten 3 Monate verflossen, ohne dass ein Ausgleich erfolgte, hat der Arbeitnehmer noch 3 Monate lang das Recht, den Ausgleich vor Gericht einzufordern. Es ist nicht zwingend notwendig, Ausschlussfristen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Sollten keine Ausschlussfristen festgelegt sein, gelten die Fristen der gesetzlichen Verjährung.

Was passiert mit Überstunden im Krankheitsfall?

In diesem Fall ist der Arbeitnehmer im Nachteil, weil er das volle Risiko trägt. Wenn er während des Freizeitausgleichs erkrankt, verfallen seine Überstunden, oder besser gesagt, sein Anspruch auf Freizeitausgleich. Im Urlaub ist es dagegen anders. Bei einer Erkrankung im Urlaub bleiben die Urlaubstage erhalten.

Wie werden Überstunden bei einer Kündigung abgegolten?

In diesem Fall gibt es ebenfalls die Möglichkeit der Abgeltung durch Freizeitausgleich oder durch Bezahlung. Eine Abgeltung durch Freizeitausgleich ist jedoch nur dann möglich, wenn die Kündigungsfrist dafür ausreicht. Dann wird der Arbeitnehmer vorzeitig nach Hause geschickt und feiert dort seine Überstunden ab. Bei einer fristlosen Kündigung ist dieses allerdings nicht möglich. Hier bleibt dann nur der Weg der Abgeltung durch Bezahlung. Weigert sich der Arbeitgeber, die Überstunden zu bezahlen, kann der Arbeitnehmer sie vor Gericht nur einklagen, wenn er einen Nachweis erbringen kann. In solchen Fällen greift ebenfalls die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren. Nach deren Ablauf sind alle Rechtsansprüche verfallen. / Fotoquelle: fotolia.de / © alphaspirit

Autor: Sebastian Rheingauer

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