Immer mehr deutsche Arbeitnehmer haben einen Zweitjob: Notwendig oder freiwillig?

- 20.02.2014 von Marlen Schurr -

Die Beschäftigungslage war hierzulande schon lange nicht mehr so gut wie zurzeit. Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland bei der Arbeitsmarktsituation einen Spitzenplatz ein. Doch die reine Beschäftigtenzahl alleine ist nicht immer aussagekräftig. Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die Zahlen zu werfen – zum Beispiel bei den Zweitjobs.

Beschäftigte mit Zweitjob mehr als verdoppelt

Die Zahl der Arbeitnehmer, die zusätzlich zu ihrer Hauptbeschäftigung noch einen Nebenjob haben, hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Laut der letzten aktuellen Erhebung Mitte letzten Jahres gingen gut 2,63 Mio. Deutsche einer Zweitbeschäftigung in Form eines Minijobs nach – mehr als doppelt so viele wie noch zehn Jahre zuvor. Die Mehrzahl, rund 1,5 Mio. davon waren Frauen, 1,1 Mio. Männer. Bezogen auf die Gesamtzahl der Beschäftigten arbeitet heute jeder elfte Arbeitnehmer noch zusätzlich in einem Zweitjob. Zehn Jahre zuvor war es gerade jeder 23..

Unterschiedliche Motive

Die Gründe für diesen bemerkenswerten Anstieg sind umstritten. Eine valide Erhebung zu den Motiven der Zweitjob-Wahl gibt es bislang nicht. Die Ursachen sind vermutlich vielschichtig. Gerade bei einem geringen Einkommen aus dem Hauptbeschäftigungsverhältnis dürfte der Zweitjob vor allem zur Absicherung des Lebensunterhaltes dienen. Die Entscheidung für einen Minijob ist in diesem Fall vor allem der wirtschaftlichen Notwendigkeit geschuldet. In anderen Fällen kann als Motiv die Verbesserung der finanziellen Spielräume, zum Beispiel für mehr Konsum, besondere Anschaffungen oder die Realisierung spezieller Wünsche, vermutet werden.

Zweitjob meist weniger gesichert

Wenn es darum geht, sich Besonderes über die normale Lebensführung hinaus leisten zu können, ist gegen einen Zweitjob grundsätzlich nichts einzuwenden. Problematisch wird es, wenn das zusätzliche Beschäftigungsverhältnis zum Lebensunterhalt benötigt wird:

– Minijobs sind weniger stabil als herkömmliche Beschäftigungsverhältnisse. Dauerhafte Einkünfte aus dieser Tätigkeit sind daher unsicher.
– Minijobs sind oft nicht gut bezahlt, Aufwand und Ertrag stehen für die Zweitjobber nicht immer in einem angemessenen Verhältnis. Mindestlohnregelungen gelten bisher für Minijobs nicht, sie sollen aber im Rahmen der geplanten Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns Anwendung finden.
– Für Minijobs besteht eine geringere sozialversicherungsrechtliche Absicherung als bei einem normalen Arbeitsplatz. Fast drei Viertel der Minijobber sind zum Beispiel von der Rentenversicherungspflicht befreit. Wer in einem solchen Job tätig ist, erwirbt daher meist keine Rentenansprüche und auch keine Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung.
– Nicht zu unterschätzen sind die gesundheitlichen, vor allem psychischen Belastungen. Mit der Zweittätigkeit ist eine erhebliche Verlängerung der Wochenarbeitszeit verbunden, ggf. kommen noch Zeiten für Fahrten vom und zum Arbeitsplatz hinzu. Diese Zeit fehlt für persönliche Belange und Interessen.
– Am fragilsten sind Beschäftigungsverhältnisse, die auf mehreren Minijobs aufbauen. Auch deren Anzahl nimmt zu. Hier ist die soziale Absicherung aufgrund einer fehlenden sozialversicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung am schwächsten ausgeprägt.

Keine Dauerlösung zur Einkommenserzielung

Für Arbeitgeber bilden Minijobs eine relativ attraktive, einfache und kostengünstige Möglichkeit, schwankende Beschäftigungslagen aufzufangen. Für Arbeitnehmer, die letztlich nicht zwingend auf eine Zweittätigkeit angewiesen, sind bieten sie eine Möglichkeit des Zuverdienstes. Zur dauerhaften Absicherung des Lebensunterhalts eignet sich die Zweittätigkeit in der Regel nicht.

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!