Das „Mobbing“ ist in vielen Bereichen des menschlichen Lebens ein unerwünschter Begleiter, doch kann sich der Mensch am Arbeitsplatz im Gegensatz zum privaten Leben nur schwerlich derartigen Attacken entziehen. Unzählige Menschen kommen in die leidvolle Situation, dass sie von Kollegen regelrecht schikaniert oder sogar gezielt ausgegrenzt werden.
Der Begriff des Mobbings hat bedauerlicherweise vielerlei Gesichter und reicht von kleinen täglichen Sticheleien über Einschüchterungen bis hin zu Diffamierungen und Drohungen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Mitarbeiter untereinander Mobbing betreiben. Die Tatsache, dass ein Mensch vielleicht psychisch stärker ist als das Mobbingopfer, muss jedoch nicht implizieren, dass das Mobbingopfer gänzlich wehrlos gegenüber derartigen Attacken ist. Im Gegensatz zum sogenannten „Bossing“, bei dem der Vorgesetzte gezielt Schikane betreibt, sind Kollegen, die schikanieren mit dem Mobbingopfer auf einer Hierachiestufe, sodass dieses sich bei seinem Vorgesetzten Hilfe einholen kann. Der Arbeitgeber hat in derartigen Fällen umgehend aktiv zu werden.
Mobbing ist kein Einzelphänomen
Das BfAuS, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, betreibt seit sehr langer Zeit ausgiebige Studien bezüglich des Mobbings am Arbeitsplatz. Zwar handelt es sich beim gezielten Mobbing um kein neuartiges Phänomen unserer Zeit, doch muss deutlich eine Zunahme der Mobbingfälle verzeichnet werden. Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage wurde herausgefunden, dass rund 11,3% der befragten Umfrageteilnehmer schon einmal im Verlauf ihres aktiven Arbeitslebens zum Mobbingopfer geworden sind. In dieser Umfrage kam ebenfalls heraus, dass rund 3% aller befragten Teilnehmer sogar aktuell mit Mobbingmaßnahmen zu kämpfen haben – wobei die Statistik eindeutig belegt, dass gerade junge Arbeitnehmer sowie Frauen und Arbeitnehmer, die in sozialen Berufen tätig sind, am häufigsten von derartigen Attacken betroffen sind.
Der Grund für die verstärkte Zunahme des Mobbings ist, und dies soll nicht als Entschuldigung oder gar Rechtfertigung verstanden werden, in der zunehmenden Belastung sowie den erhöhten Anforderungen des Arbeitsplatzes und dem damit verbundenen Konkurrenzdruck zu finden. Demnach versuchen die Arbeitnehmer mit Mobbing ihre Überforderung zu bewältigen.
Die Arbeitgeberpflichten
Viele Arbeitnehmer vergessen nur zu häufig, dass der Arbeitgeber ihnen gegenüber eine wahre Vielzahl von Fürsorgepflichten zu leisten hat. Im Rahmen dieser Fürsorgepflichten hat der Chef sämtliche Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit sowie des Lebens von seinem Arbeitnehmer zu treffen, worunter unter Anderem sowohl Arbeitsschutzmaßnahmen als auch das gesunde Betriebsklima fallen – hierunter fällt eben auch das Mobbing. So ist es die Aufgabe des Arbeitgebers, für den Schutz und die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer zu sorgen. Dieser Schutz umfasst auch das Persönlichkeitsrecht, welches als das wichtigste Grundrecht gemäß dem ersten und zweiten Artikel des deutschen Grundrechts anzusehen ist. Im Artikel 3 des GG wird zudem die Gleichbehandlung verfassungsrechtlich geregelt. Als Arbeitgeber ist es der vorgesetzten Person nicht gestattet, Verstöße gegen die Fürsorgepflichten zu betreiben. „Bossing“ verstößt ebenso gegen seine Fürsorgepflicht wie das Unterlassen von Maßnahmen im Fall von Mobbing.
Welche Maßnahmen muss der Chef ergreifen?
Sofern ein Arbeitgeber Kenntnis von Mobbing- oder Bossingfällen erlangt, hat er unverzüglich sämtliche geeigneten Maßnahmen für den Schutz des Opfers einzuleiten. Mit einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen wurde entschieden, dass ein Arbeitgeber auch im Falle des Unterlassens von Gegenmaßnahmen als Verantwortlicher in die Pflicht genommen wird (Vgl. LAG Thüringen mit Urteil vom 15. Februar 2001, Aktenzeichen 5 SA 102 aus 2000 sowie mit Urteil vom 10. April 2001, Aktenzeichen 5 SA 403 aus 2000 respektive Urteil vom 28. Juni 2005, Aktenzeichen 5 SA 63 aus 2004). In der konkreten Praxis ist der Arbeitgeber somit verpflichtet, den Mobbingtäter für sein schadhaftes Verhalten eine Ermahnung auszusprechen oder im Wiederholungsfall schriftlich abzumahnen, so dass im erneuten Wiederholungsfall eine Kündigung erfolgen muss. Diese Kündigung kann laut Gesetz in besonders schweren Fällen fristlos erfolgen. Sollte der Chef derartige Maßnahmen unterlassen, so steht dem Mobbingopfer das Recht zu, die Arbeitsleistung zu verweigern und Schadensersatz für die Kosten des Arbeitsausfalls in Verbindung mit Schmerzensgeld bei dem Arbeitgeber einzufordern.
Selbstverständlich ist das Mobbingopfer in der Beweispflicht. Es empfiehlt sich daher auf jeden Fall, bereits frühzeitig bei den ersten Maßnahmen ein sogenanntes Mobbingtagebuch zu führen und den Täter direkt aufzufordern, die Mobbingmaßnahmen zu unterlassen. Selbstverständlich bleiben die Ansprüche auf Schmerzensgeld sowie auf Schadensersatz in Bezug auf Arztrechnungen oder etwaige Bewerbungkosten gegenüber dem Täter auch dann erhalten, wenn der Arbeitgeber konkrete Maßnahmen gegen das Mobbing ergreift. Fotoquelle: fotolia.de / © Andrey Popov