Der deutsche Staat ist bekannt für seine aufgeblähte Bürokratie. Eine Armee von fast 1,8 Millionen Beamten sorgt für die Durchsetzung der 1.796 Gesetze mit mehr als 52.000 Einzelnormen und 2.866 Rechtsverordnungen mit mehr als 44.000 Einzelnormen. Die Bürokratie verursacht der deutschen Wirtschaft Kosten in Milliardenhöhe. Durch das vierte Bürokratieentlastungsgesetz sollen diese um knapp 1 Milliarde Euro reduziert werden.
Welche Bereiche betrifft das vierte Bürokratieentlastungsgesetz BEG IV?
Das BEG IV wurde am 26. September 2024 vom Bundestag verabschiedet und erhielt am 18. Oktober 2024 die Zustimmung des Bundesrates. In weiten Teilen trat es ab dem 1. Januar 2025 in Kraft. Die Änderungen betreffen unter anderem:
- Steuer- und Handelsrecht
- Arbeitsrecht
- Elterngeld- und Elternzeitgesetz
- Gewerbemietrecht
- Vereinsrecht
- Bundesnotarordnung
- sowie weitere Bereiche
Wie soll der Bürokratieabbau durch das BEG IV erreicht werden?
Das vierte Bürokratieentlastungsgesetz will die Bürokratie vor allem durch den verstärkten Einsatz digitaler Kommunikations- und Speichermittel erreichen. Außerdem wird in vielen Bereichen die bisher notwendige Schriftform von Dokumenten durch die Textform ersetzt. Diese ist wesentlich einfacher als die Schriftform, da sie keine eigenhändige Unterschrift mehr erfordert, sondern lediglich eine lesbare Erklärung, die auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert wird. Zudem wird die Aufbewahrungszeit für bestimmte Unterlagen verkürzt.
Was sieht das BEG IV für den Arbeitsmarkt vor?
Arbeitsverträge können in Zukunft in Textform erstellt und elektronisch übermittelt werden. Das Dokument muss für die Arbeitnehmer zugänglich sein und sie müssen eine Empfangsbestätigung an den Arbeitgeber übermitteln. Auf Wunsch können Arbeitnehmer jedoch die Ausstellung des Arbeitsvertrags in Schriftform verlangen. Stimmen die Arbeitnehmer zu, können Arbeitszeugnisse in Zukunft auch in elektronischer Form erteilt werden.
Arbeitgeber kommen ihrer Aushangpflicht für die in der Firma geltenden Gesetze und Regelungen auch dann nach, wenn der Aushang in elektronischer Form erfolgt und für die Arbeitnehmer frei zugänglich ist. Das gilt zum Beispiel für Informationen über das Jugendarbeitsschutzgesetz oder die üblichen Arbeitszeiten und Pausen. Arbeitnehmerüberlassungsverträge können in Textform geschlossen werden. Eine eigenhändige Unterschrift ist nicht mehr notwendig.
Welche Erleichterungen bringt das BEG IV für die Arbeitgeber?
- Die Aufbewahrungsfrist für handels- und steuerrechtlich relevante Buchungsbelege wird von 10 auf 8 Jahre reduziert. Dadurch verringern sich die Kosten für die Archivierung von Dokumenten. Dazu kommt, dass es in Zukunft für viele Dokumente genügt, sie in elektronischer Form zu speichern, solange sie jederzeit ausgedruckt werden können. Bisher mussten sie stets in Schriftform vorliegen.
- Für Steuerberater soll eine zentrale Datenbank eingerichtet werden, in die Arbeitgeber eine Generalvollmacht ablegen können. Die schriftlichen Vollmachten für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung entfallen.
- Die Schriftform für Gewerbemietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr entfällt und wird durch die Textform ersetzt.
- Kleinunternehmer wird vor allem interessieren, dass die Schwellenwerte für eine Umsatzsteuer-Voranmeldung angehoben werden.
Welche Erleichterungen gibt es im Alltag?
- Anträge in den Bereichen Bundeselterngeldgesetz und Elternzeitgesetz mussten bisher in Schriftform gestellt werden. Das wird jetzt durch die Textform ersetzt. In der Praxis bedeutet es, dass es in Zukunft nicht mehr nötig sein wird, Formulare auf Papier auszufüllen, zu unterschreiben und bei der zuständigen Stelle einzureichen, sondern dass man sie online ausfüllen und elektronisch übermitteln kann.
- Auch im Vereinsrecht wird die Schriftform durch die Textform ersetzt, wodurch der Verwaltungsaufwand verringert wird.
- Steuerbescheide sollen digital erstellt und elektronisch versandt werden können.
- Für deutsche Staatsangehörige soll die Meldepflicht in Hotels entfallen. Allein diese Maßnahme soll die deutsche Ökonomie um rund 62 Millionen Euro jährlich entlasten.
Die Maßnahmen des vierten Bürokratieentlastungsgesetzes betreffen sehr viele Bereiche des Alltags, vom Arbeitsmarkt und der Pflege bis zur Rente. Der Abbau der Bürokratie ist kein einmaliger Vorgang, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Bis das BEG IV in allen Bereichen umgesetzt worden ist, wird sicher noch einige Zeit vergehen. Schon bald werden sich jedoch seine Effekte im Alltag der Menschen positiv bemerkbar machen. / Fotoquelle: © Thomas Bethge – Shutterstock.com