Wen trifft es bei betriebsbedingten Kündigungen zuerst?

- 31.10.2024 von Daniela Lütke -

Kündigungsschutz und SozialauswahlEine betriebsbedingte Kündigung muss vom Arbeitgeber ausgesprochen werden, wenn ein oder mehrere Arbeitsplätze dauerhaft wegfallen und mindestens ein Arbeitnehmer deshalb nicht mehr beschäftigt werden kann. Es darf auch keine Möglichkeit geben, sie oder ihn in einer anderen Abteilung oder Filiale einzusetzen. Häufige Ursachen einer betriebsbedingten Kündigung sind ein Umsatzrückgang oder die Einführung neuer Produktionsverfahren.

Eine Sozialauswahl muss getroffen werden

Sind von betriebsbedingten Kündigungen mehrere Arbeitnehmer betroffen, muss der Arbeitgeber laut Kündigungsschutzgesetz (KSchG) eine Sozialauswahl treffen. Das bedeutet, die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter werden nach sozialen Gesichtspunkten ausgewählt. Die Mitarbeiter, die auf dem Arbeitsmarkt die besten Chancen haben, eine neue Beschäftigung zu finden, erhalten zuerst die Kündigung. Auf welche Merkmale es bei der Sozialauswahl ankommt, steht im § 1, Abs. 3, Satz 1 KSchG. Die 4 Merkmale sind:

In der Praxis bedeutet das, Arbeitnehmer, die bereits lange im Unternehmen beschäftigt sind oder die aufgrund ihres Alters nur schwer eine neue Stelle finden könnten, sind stärker geschützt als junge Mitarbeiter, die erst seit kurzer Zeit in der Firma arbeiten. Besonderen Schutz genießen auch Schwerbehinderte und Arbeitnehmer mit mehreren Kindern, die noch zu Hause leben und kein eigenes Einkommen haben.

Gibt es auch Ausnahmen von der Sozialauswahl?

Eine Sozialauswahl muss nur vorgenommen werden, wenn das betreffende Unternehmen mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt. Desgleichen sind davon nur Mitarbeiter betroffen, die unter das Kündigungsschutzgesetz fallen. Das bedeutet, sie müssen bereits mindestens seit 6 Monaten im Unternehmen beschäftigt sein und die Probezeit erfolgreich absolviert haben. Zeitarbeiter werden ebenfalls nicht in die Sozialauswahl einbezogen, da sie keine Mitarbeiter des Unternehmens sind, sondern dort nur eingesetzt werden. Eine Sozialauswahl ist gleichfalls nicht erforderlich, wenn die betriebsbedingte Kündigung nur einem Mitarbeiter ausgesprochen wird. Der Arbeitgeber kann darüber hinaus auch bestimmte Mitarbeiter von der Sozialauswahl ausnehmen, wenn diese für das Unternehmen unverzichtbar sind.

Wie werden betriebsbedingte Kündigungen in der Praxis umgesetzt?

In der Regel werden betriebsbedingte Kündigungen als ordentliche Kündigungen ausgesprochen. Nur in seltenen Fällen kann eine betriebsbedingte Kündigung als außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, beispielsweise wenn die Produktionsstätte durch Havarie, Brand oder eine Naturkatastrophe zerstört wurde und eine Wiederaufnahme der Produktion in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Bei der Umsetzung von betriebsbedingten Kündigungen arbeitet die Unternehmensleitung eng mit der Personalabteilung und dem Betriebsrat zusammen. Meistens wird ein Punktesystem erstellt, aus dem klar hervorgeht, welchen Mitarbeitern zuerst gekündigt wird.

Können Mitarbeiter gegen eine betriebsbedingte Kündigung vorgehen?

Das ist möglich, wenn die Frist von 3 Wochen nach dem Aussprechen der Kündigung eingehalten wurde. So lange haben Arbeitnehmer Zeit, beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Eine Klage hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn es konkrete Gründe gibt, aus denen die betriebsbedingte Kündigung unwirksam ist. Dazu gehören unter anderem:

Ursachen der betriebsbedingten Kündigung
Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als dem Mitarbeiter zu kündigen. Das bedeutet beispielsweise, dass sich die Umsätze drastisch und dauerhaft reduziert haben, neue Produktionsmittel in naher Zukunft installiert werden und dass es keine Möglichkeit gibt, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen.

Formfehler beim Aussprechen der Kündigung
Da eine betriebsbedingte Kündigung fast immer als ordentliche Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber sich an alle Regeln halten. Die Kündigung ist beispielsweise nur gültig, wenn sie schriftlich ausgesprochen wird und die Kündigungsfrist eingehalten wird. Der Betriebsrat oder die Mitarbeitervertretung müssen beim Kündigungsverfahren und der Sozialauswahl einbezogen werden.

Fehler bei der Sozialauswahl
Wird Schwerbehinderten gekündigt, muss das Integrationsamt einbezogen werden und vorher sein Einverständnis gegeben haben. Bei einer Kündigung von Schwangeren oder Beschäftigten, die unter den Mutterschutz fallen, müssen vor der Kündigung ebenfalls die zuständigen Behörden informiert werden und ihr Einverständnis geben.

Schützt das Alter vor einer betriebsbedingten Kündigung?

Mitunter kann es sogar eine betriebsbedingte Kündigung begünstigen. Das trifft dann zu, wenn der Mitarbeiter kurz vor dem Rentenalter steht und die Zeit bis dahin mit dem Bezug von Arbeitslosengeld überbrücken kann. Ab dem 58. Lebensjahr haben Arbeitnehmer 24 Monate lang Anspruch auf den Bezug von Arbeitslosengeld. / Fotoquelle: © Hryshchyshen Serhii – Shutterstock.com

Autor: Daniela Lütke

Daniela ist 2016 zu uns gestoßen. Als Journalistin und ehemalige Unternehmensberaterin hat sie sich ein enormes Wissen zu den Themen Ausbildung, Beruf & Karriere aufgebaut und versteht es, dieses geschickt in Worte zu fassen.