Neben der Rente mit 63 hat die Bundesregierung noch weitere ehrgeizige Projekte. Das bedeutendste davon ist die flächendeckende Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde ab dem 1. Januar 2015. Für eine Übergangszeit von 2 Jahren sollen für einige Branchen noch Ausnahmeregelungen gelten. Einige Experten befürchten wirtschaftliche Probleme durch den Mindestlohn.
Wie kann sich der Mindestlohn auswirken?
Viele Fachleute vertreten die Meinung, dass sich die Einführung des Mindestlohns negativ auf die Wirtschaft auswirken könnte, da er die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen verringern würde. Besonders betroffen von dieser Entwicklung werden wahrscheinlich kleinere Firmen im bisherigen Niedriglohnsektor wie zum Beispiel in den Bereichen Taxi, Reinigung oder Friseurhandwerk sein. Da in diesen Branchen die Gewinnmarge sowieso nur klein ist, bleibt den Unternehmern nichts weiter übrig als die Preise zu erhöhen. Wenn die Kunden nicht bereit sind, diese Preiserhöhungen zu akzeptieren, ist ein massiver Stellenabbau die Folge. Ökonomen fürchten, dass bis 2018 mehr als 350.000 Jobs wegfallen könnten. Es gibt jedoch auch gegenteilige Meinungen. Von der Einführung des Mindestlohns werden etwa 4 Millionen Arbeitgeber profitieren. Das bedeutet einen starken Zuwachs an Kaufkraft. Davon gehen wiederum positive Impulse für die Wirtschaft aus, da die Nachfrage im Binnenland wächst.
Wie ist die Situation in anderen Ländern?
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat 181 Mitgliedsstaaten. Laut den Angaben der ILO existieren in etwa 90 Prozent aller Mitgliedsstaaten Mindestlöhne. In einigen Ländern sind sie flächendeckend (wie in Deutschland geplant), in anderen gelten sie für bestimmte Industriezweige oder Gewerbe. In Frankreich wurde zum Beispiel bereits 1950 der gesetzliche Mindestlohn eingeführt. Laut Definition ist der allgemeine gesetzliche Mindestlohn dort eine verbindliche Lohnuntergrenze. Sie liegt seit 1. Januar 2014 bei 9,53 Euro pro Stunde oder bei einer 35 Stunden Woche 1.445.38 Euro Brutto pro Monat. In Großbritannien wurde 1999 ein Mindestlohn eingeführt. Er ist nach Alter gestaffelt und liegt derzeit bei etwa 7,78 Euro pro Stunde. Während in Frankreich die Arbeitslosigkeit deutlich höher ist als in Deutschland, sieht die Situation in Großbritannien anders aus. Das Land war zwar auch von der Wirtschaftskrise betroffen, beginnt aber wieder, sich zu erholen. Dort wird die Einführung des Mindestlohns als großer Erfolg gefeiert.
Wie sehen die Aussichten in Deutschland aus?
Ein Verlierer bei der Einführung des Mindestlohns steht jetzt schon fest. Ironischerweise sind es die Gewerkschaften, die den Mindestlohn als Erfolg feiern. Wenn der Mindestlohn erst einmal eingeführt wird, entfällt für die meisten Geringverdiener die Notwendigkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren, da die Regierung ja die Lohnuntergrenze gesetzlich garantiert. In Frankreich, wo es den Mindestlohn schon seit mehr als 60 Jahren gibt, sind gerade einmal 10 Prozent aller Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisiert, gegenüber 16 Prozent in Deutschland. In Bezug auf den Verlust von Arbeitsplätzen ist es am wahrscheinlichsten, dass durch die Einführung des Mindestlohns zwar Arbeitsplätze wegfallen werden, dieser Verlust aber durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in anderen Bereichen kompensiert werden wird. Genaueres kann nur die Zukunft zeigen. / Fotoquelle: fotolia.de / © fotodo