Worauf muss beim Arbeitszeugnis geachtet werden?

- 16.10.2019 von Marlen Schurr -

Bewerbung und JobwechselWer sich für eine neue Stelle bewirbt, wird neben Nachweisen über Qualifikationen und Berufserfahrung in der Regel auch Arbeitszeugnisse seiner Bewerbung beifügen. Das Fehlen eines Arbeitszeugnisses oder ein unvorteilhaft formuliertes Arbeitszeugnis können die Chancen eines Bewerbers auf die Besetzung der freien Stelle drastisch reduzieren. Daher sollten Arbeitnehmer wissen, welche Rechte ihnen im Zusammenhang mit dem Arbeitszeugnis zustehen.

Wann hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass ihm ein Arbeitszeugnis von seinem Arbeitgeber ausgestellt wird. Dabei ist es unerheblich, welche Form das Arbeitsverhältnis hat, soweit es sich um ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis handelt oder handelte. Das Arbeitszeugnis wird als Beurteilung der Arbeitsleistung verstanden und stellt gleichzeitig den Nachweis eines Beschäftigungsverhältnisses dar. Allerdings muss das Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber nur auf Verlangen erstellt werden. Von sich aus ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis zukommen zu lassen. Lediglich bei der Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses trifft den Arbeitgeber solch eine Pflicht.

Gibt es beim Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses eine Verjährungsfrist?

Drei Jahre nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch mehr darauf, dass ihm ein Arbeitszeugnis ausgestellt wird. Daher sollte man das Verlangen, ein Arbeitszeugnis zu erhalten, möglichst zeitnah gegenüber seinem Arbeitgeber zur Sprache bringen.

Wer stellt ein Arbeitszeugnis aus?

Grundsätzlich muss das Arbeitszeugnis vom Arbeitgeber ausgestellt werden. Dieser kann diese Tätigkeit jedoch an einen Abteilungsleiter oder den direkten Vorgesetzten des ausscheidenden Arbeitnehmers delegieren. Auch die Personalabteilung wird regelmäßig mit der Anfertigung von Arbeitszeugnissen betraut. Unterschrieben werden kann das Zeugnis dann entweder vom Inhaber bzw. Geschäftsführer des ausstellenden Unternehmens oder einem anderen weisungsbefugten und ermächtigten Vorgesetzten.

Was darf im Arbeitszeugnis stehen und wie deutlich dürfen bestimmte Informationen vermerkt werden?

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistungen seines Arbeitnehmers wahrheitsgetreu und wohlwollend beurteilen. Geheimcodes dürfen nicht verwendet werden und dem Arbeitnehmer sollten keine unnötigen Nachteile durch bestimmte Formulierungen des Zeugnistextes entstehen. Zudem darf der Zeugnistext bestimmte Informationen nicht durch subtile textliche Markierungen besonders hervorheben, wie zum Beispiel unterstrichene oder fett gedruckte Wörter oder Satzteile.

Inhaltlich dürfen folgende Punkte nicht in einem Arbeitszeugnis thematisiert werden:

  • mögliche Vorstrafen
  • die Höhe des Gehalts
  • etwaige Suchterkrankungen
  • religiöse Aktivitäten
  • die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft oder Partei

Die Vorgaben entsprechen der praktischen Umsetzung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG), welches die Benachteiligung von Arbeitnehmern aufgrund von Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Parteizugehörigkeit verhindern soll.

Was versteht man unter der sogenannten Wohlwollenspflicht?

Unter diesem Begriff wird die Pflicht des Arbeitgebers zusammengefasst, das berufliche Fortkommen seines ehemaligen Arbeitnehmers nicht durch bestimmte Formulierungen im Arbeitszeugnis zu erschweren. Ein Arbeitszeugnis muss also wohlwollend, das bedeutet freundlich und großzügig, verfasst werden.

Was ist der Unterschied zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis?

In puncto Arbeitszeugnisse werden das einfache und das qualifizierte Arbeitszeugnis voneinander unterschieden. Während durch ein einfaches Arbeitszeugnis lediglich die Art und Dauer der ausgeübten Tätigkeiten festgehalten werden, finden sich in einem qualifizierten Zeugnis auch Angaben zu Leistung, Verhalten und Führung des Arbeitnehmers.

In einem qualifizierten Arbeitszeugnis muss eine ausführliche Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten enthalten sein sowie eine faire und wohlwollende Leistungsbewertung. Zudem müssen während des Arbeitsverhältnisses neu erworbene Zusatzqualifikationen Erwähnung finden und das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Kunden bzw. Patienten näher beschrieben werden.
Nur dann, wenn das Arbeitszeugnis für die Suche nach einem neuen Job lediglich eine geringe Rolle spielt, sollten Arbeitnehmer sich für das Ausstellen eines einfachen Arbeitszeugnisses entscheiden.

Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Korrektur des Arbeitszeugnisses?

Wurden formelle Vorschriften in einem Arbeitszeugnis nicht beachtet, Tatsachen nicht richtig wiedergegeben oder die eigene Leistung nicht entsprechend eingeordnet, dann steht einem Arbeitnehmer ein Recht auf Korrektur zu. Zunächst kann sich der Arbeitnehmer mit Bitte um Berichtigung an seinen Arbeitgeber wenden oder zu diesem Zweck einen Rechtsanwalt einschalten, je nachdem wie massiv ‘unrichtig’ das Zeugnis erscheint.

Die Berichtigung des Zeugnisses muss vom Arbeitnehmer innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden. Diese wird von der Rechtsprechung ungefähr bis zu einem halben Jahr nach der Zeugnisausstellung angenommen. Danach gilt das Recht auf Berichtigung als verwirkt. Zeigt sich der Arbeitgeber uneinsichtig, steht dem Arbeitnehmer der Gang zum zuständigen Arbeitsgericht offen. / Fotoquelle: fotolia.de / © momius

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!