Corona und der Job – Wer passt auf mein Kind auf?

- 23.03.2020 von Sonja Hess -

Kinderbetreuung und Home-OfficeDeutschland steht vor einer Situation, die es seit dem Kriegsende nicht mehr gegeben hat. Alle Schulen, Kindergärten und Kitas sind geschlossen. Viele arbeitende Eltern sind verzweifelt, weil sie nicht wissen, was sie mit den Kindern machen sollen. Den meisten bleibt nichts anderes übrig, als zu Hause zu bleiben.

Was sagt der Gesetzgeber?

Der hat für Notfälle den §616 BGB vorgesehen. Der besagt, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung hat, wenn er ohne eigenes Verschulden keine Arbeitsleistung erbringen kann. Demnach könnten die Eltern zu Hause bleiben und würden sogar noch dafür bezahlt werden. Ganz so einfach ist die Sache jedoch nicht. Der §616 wurde für persönliche Notfälle geschaffen, nicht für eine Katastrophe wie die gerade stattfindende Corona-Pandemie. Eine Lohnfortzahlung nach §616 BGB ist bei laufendem Betrieb nur für ein paar Tage, bestenfalls eine Woche möglich. Schulen und Kindergärten bleiben jedoch mindestens bis nach Ostern geschlossen. Eventuell kann die Schließung sogar noch verlängert werden.

Zusammenhalt und Kreativität sind gefragt

Eine ungewöhnliche Situation erfordert ungewöhnliche Maßnahmen. Zunächst einmal sollten die Eltern versuchen, aus eigenen Kräften eine Kinderbetreuung zu organisieren. Ärzte raten dringend davon ab, die Großeltern darum zu bitten. Ältere Menschen sind durch den Corona-Virus besonders gefährdet. Vielleicht gibt es einen älteres Geschwisterkind, das auch zu Hause bleiben muss und auf die Kinder aufpasst, während die Eltern arbeiten?

Mit dem Arbeitgeber reden

Sollte es nicht möglich sein, eine Kinderbetreuung zu organisieren, muss unbedingt das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht werden. Man kann sich zusammensetzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen. Beispielsweise könnte ein Elternteil im Home-Office arbeiten, während der andere ganz normal zur Arbeit geht. Es gibt auch die Möglichkeit, angesammelte Überstunden abzubauen. Wer ein Arbeitszeitkonto hat, kann das nach Absprache mit dem Chef auch mal ins Minus rutschen lassen. Wenn alles nichts hilft, muss der Arbeitnehmer Urlaub nehmen. Fast immer werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Lösung finden, mit der beide leben können. Eine ungewöhnliche Situation erfordert ungewöhnliche Maßnahmen. Da viele Produktionsstätten inzwischen still stehen und auch viele Unternehmen Kurzarbeit angemeldet haben, muss ein Elternteil vielleicht ohnehin zu Hause bleiben und kann die Kinderbetreuung selbst übernehmen.

Darf man nicht zur Pflege eines kranken Kindes daheim bleiben?

Ja, das stimmt. Pro Kind darf jedes Elternteil 10 Tage im Jahr daheim bleiben. Bei Alleinerziehenden verdoppelt sich der Anspruch sogar auf 20 Tage. Ab 2 Kindern verdoppelt sich der Anspruch auf 20 Tage pro Elternteil und Kind. Sind es mehr als 2 Kinder, dürfen Mutter oder Vater jeweils 25 Tage pro Jahr zu Hause bleiben, um das kranke Kind zu pflegen. Alleinerziehende erhalten sogar maximal 50 Tage Krankenurlaub.

Die Sache hat jedoch einen grundlegenden Haken. Das Kind ist nicht krank, sondern aufgrund einer Kita- oder Schulschließung zu Hause. Um bezahlte Freistellung zur Pflege eines kranken Kindes zu bekommen, muss der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vorlegen. Das bedeutet, diese Regelung ist im Fall einer allgemeinen, bundesweiten Schließung der Schulen nicht anwendbar. Selbst wenn sich ein Arzt finden würde, der aus Mitleid einen Krankenschein ausfüllen würde, wäre das Betrug und hätte die fristlose Kündigung zur Folge.

Fazit

In der gegenwärtigen Ausnahmesituation sollten Arbeitnehmer das Gespräch mit dem Chef suchen und ihre persönliche Lage schildern. Momentan stehen auch die Arbeitgeber extrem unter Stress. Sie sind daran interessiert, dass es in der Firma so reibungslos wie möglich läuft. Sicher wird der Chef nicht auf stur schalten und darauf bestehen, dass der Arbeitnehmer seine Kinder unbeaufsichtigt lässt und mit ihm zusammen eine Lösung findet. / Fotoquelle: © LStockStudio – Shutterstock.com
Achtung! Bei diesem Text handelt es sich um einen reinen Informationstext. Für eine Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an einen Anwalt für Arbeitsrecht.

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können