Die Privatinsolvenz – und deren Neuerungen

- 11.06.2021 von Sebastian Nissen -

Verbraucherinsolvenz und SchuldenWer als Privatperson seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann und überschuldet ist, für den kommt die Beantragung eines Privatinsolvenzverfahrens in Betracht. Dieser Schritt muss gut überlegt sein, da ein Privatinsolvenzverfahren für die Betroffenen viele Vorteile, aber natürlich auch einige Nachteile mit sich bringt. Zudem ist die Beantragung eines Insolvenzverfahrens an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Eine wichtige Änderung betrifft außerdem die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens. Rückwirkend ab dem 1.10.2020 verkürzt sich die Laufzeit für Privatinsolvenzen auf jetzt nur noch drei Jahre.

Was genau bedeutet Privatinsolvenz und wer kann sie durchlaufen?

Unter einer Privatinsolvenz, die auch als Verbraucherinsolvenz bezeichnet wird, versteht man eine gerichtliche Schuldenregulierung, die bei einer Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person beantragt werden kann. Durchgeführt werden kann die Privatinsolvenz lediglich von Personen, die nicht selbstständig gearbeitet haben und dies auch derzeit nicht tun. Sollte in der Vergangenheit eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt worden sein, dann darf es nicht mehr als 20 Gläubiger geben.

In welche Phasen gliedert sich ein Insolvenzverfahren bei Nicht-Selbstständigen und wie lange dauert es?

Bevor das eigentliche Privatinsolvenzverfahren beginnt, muss eine sogenannte außergerichtliche Schuldenregulierung durchlaufen werden. Zu diesem Zweck kann der Schuldner sich an eine Schuldnerberatung oder an einen Rechtsanwalt wenden. Im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenregulierung, welche gemäß § 305 der Insolvenzordnung (InsO) verpflichtend ist, wird sich zunächst ein Bild über die tatsächliche finanzielle Situation gemacht und eine Übersicht über alle Schulden angefertigt. Zugleich wird Kontakt zu den Gläubigern aufgenommen und eine Einigung angestrebt. Kann keine Einigung erzielt werden, kann das eigentliche Privatinsolvenzverfahren – mit Unterstützung des Schuldnerberaters oder eines Anwalts – beantragt werden. Zuständig für die Bearbeitung des Insolvenzantrages ist übrigens das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner lebt.

Rund einen Monat nach der Antragstellung beim Amtsgericht wird das Privatinsolvenzverfahren eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt dauert das Insolvenzverfahren noch drei Jahre. Nun folgt die Wohlverhaltensphase, in welcher der Schuldner einige Pflichten zu erfüllen hat. Abgeschlossen wird das Privatinsolvenzverfahren durch die sogenannte Restschuldbefreiung.

Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, damit man nach einigen Jahren schuldenfrei ist?

Während der sogenannten Wohlverhaltensphase hat der Schuldner einige Obliegenheiten, die er erfüllen muss, damit das Insolvenzverfahren mit dem gewünschten Ergebnis, der Schuldenbefreiung, endet.

Diese Obliegenheiten sind:

  • Anzeige eines Wohnsitzwechsels
  • die sogenannte Erwerbsobliegenheit: diese beinhaltet ernsthafte Bemühungen dahingehend, dass eine Arbeitsstelle gefunden wird und jede zumutbare Arbeit angenommen wird
  • Anzeige eines Arbeitswechsels
  • der pfändbare Anteil des Einkommens muss an den Insolvenzverwalter abgetreten werden
  • keine Begründung neuer unangemessener Verbindlichkeiten
  • keine ‚eigene‘ Zahlungen an die Gläubiger

Kommt der Schuldner seinen Verpflichtungen während der Wohlverhaltensphase nicht nach, kann die Versagung der Restschuldbefreiung drohen. Das würde bedeuten, dass der Schuldner auch nach Ende des Insolvenzverfahrens nicht schuldenfrei wäre.

Welche Vor- und Nachteile hat eine Privatinsolvenz?

Vorteile:

  • nach 3 Jahren schuldenfrei werden
  • die psychische Belastung durch Pfändungen und verärgerte Gläubiger nimmt ab
  • der Zeitpunkt der Entschuldung steht fest und ist absehbar
  • gesetzliche Pfändungsschutzbeträge ermöglichen ’normale‘ Lebensführung
  • Schufa-Eintrag wird drei Jahre nach Restschuldbefreiung getilgt

Nachteile:

  • das pfändbare Vermögen wird durch einen Insolvenzverwalter verteilt und verwaltet
  • Privatinsolvenzverfahren dauern 3 Jahre, ältere Verfahren mitunter noch länger
  • die Eröffnung der Privatinsolvenz sowie die Restschuldbefreiung wird öffentlich bekanntgemacht
  • weitere Wartezeit, bis der Schufa-Eintrag bereinigt wird

Nach welcher Zeit sind Privatpersonen wieder schuldenfrei?

Der Bundestag hat am 17.12.2020 beschlossen, dass die Dauer eines Privatinsolvenzverfahrens nur noch drei statt sechs Jahre beträgt. Diese Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens wurde rückwirkend für Privatinsolvenzen beschlossen, die ab dem 1.10.2020 beantragt wurden. Verfahren, die vor diesem Zeitpunkt beantragt wurden, müssen sich an der Insolvenztabelle orientieren. Eine Antragsstellung am 30.9.2020 würde demnach eine Laufzeit von 4 Jahren und 10 Monaten bedeuten. Allerdings besteht auch hier noch die Möglichkeit, das Verfahren auf 3 Jahre zu verkürzen. / Fotoquelle: © ESB Professional – Shutterstock.com