Unternehmen und Verbraucher ächzen unter der höchsten Inflationsrate seit vielen Jahren. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder erwähnt, dass die Europäische Zentralbank EZB den Leitzins erhöht hat, um die Inflation zu bekämpfen.
Was ist der Leitzins eigentlich?
Mit diesem Begriff wird im Bankwesen der Zinssatz bezeichnet, zu dem eine Zentralbank den Geschäftsbanken (kommerzielle Banken, Privatbanken, Sparkassen und andere) Geld leiht. Für die Eurozone ist die EZB die zuständige Zentralbank, für die USA die Federal Reserve Bank, für Großbritannien die Bank of England usw. Die Zentralbanken setzen den Leitzins fest, um damit die Geldpolitik zu steuern. Zwar sind die Zentralbanken nominal unabhängig, die Festlegung des Leitzinses geschieht aber durch eine enge Absprache mit der jeweiligen Regierung. Die Geschäftsbanken orientieren sich am Leitzins (daher sein Name) und legen daran ihre eigenen Zinsen fest, die sie von den Kunden verlangen. Je höher der Leitzins ist, desto teurer wird es, sich von der Bank Geld zu borgen. Je niedriger er ist, desto günstiger werden Kredite. Beim Leitzins werden drei Arten unterschieden:
Hauptrefinanzierungssatz
Das ist die wichtigste Form des Leitzinses. Er legt fest, wie hoch die Zinsen sind, die Geschäftsbanken zahlen müssen, wenn sie sich mittelfristig von der Zentralbank Geld leihen. Der Zinssatz für diese Form des Leitzinses wurde von der EZB gegenwärtig (Okt. 2023) auf 4,50 Prozent festgelegt.
Spitzenrefinanzierungssatz
Er liegt in der Regel ca. 1 Prozent über dem Hauptrefinanzierungssatz. Damit wird der Preis festgelegt, den Geschäftsbanken zu zahlen haben, wenn sie sich kurzfristig von der Zentralbank Geld leihen wollen. Der Spitzenrefinanzierungssatz der EZB beträgt gegenwärtig (Okt. 2023) 4,50 Prozent.
Einlagenzinssatz
Das ist die Vergütung, die Geschäftsbanken erhalten, wenn sie überschüssiges Kapital bei der Zentralbank kurzfristig anlegen. Aktuell (Okt. 2023) liegt der Einlagenzinssatz der EZB bei 4,00 Prozent.
Welche Auswirkungen hat der Leitzins auf die Wirtschaft?
Geld bzw. Kapital ist ein Produkt, wie andere Güter auch. Die Zinsen sind der Preis für das Produkt Geld. Ein hoher Leitzins bedeutet, dass Geld teurer wird. Bei einem niedrigen Leitzins werden Kredite günstiger. Die Zentralbanken steuern mit dem Leitzins die Geldpolitik und bekämpfen die Inflation. Eine hohe Inflationsrate bedeutet, dass in der Wirtschaft zu viel Geld im Umlauf ist. Durch das Anheben des Leitzinses wird die Geldmenge reduziert, weil die Aufnahme von Krediten teurer wird. Dadurch sinkt die Inflationsrate.
Die Sache hat jedoch eine Kehrseite: Wird der Leitzins zu stark angehoben, wird dadurch das Wirtschaftswachstum gebremst, weil weniger investiert wird. Das führt zudem zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Die Zentralbank muss sozusagen den goldenen Mittelweg finden. Auf der einen Seite sollte der Leitzins hoch genug sein, um die Inflationsrate im Zaum zu halten, auf der anderen Seite darf er nicht zu hoch werden, damit es sich noch lohnt zu investieren und die Wirtschaft wachsen kann.
Was bedeutet der Leitzins für die privaten Verbraucher?
Beide Fälle, eine Erhöhung und eine Senkung, haben positive und negative Auswirkungen. Die positiven Folgen einer Erhöhung besteht darin, dass die Zinsen für Geldanlagen steigen. Wer Geld investiert hat, erhält eine höhere Rendite für sein Kapital. Auf der negativen Seite steht zu vermerken, dass sich Kredite verteuern. Wer sich Geld leihen möchte, muss dafür mehr bezahlen. Wird der Leitzins gesenkt, hat das als positives Ergebnis zur Folge, dass Kredite günstiger werden. Auf der negativen Seite erhalten Kapitalanleger niedrigere Renditen.
Worauf sollten Verbraucher achten?
Veränderungen des Leitzinses werden von den Geschäftsbanken nicht sofort an ihre Kunden weitergegeben und in der Regel auch nicht 1:1 umgesetzt. Gerade in unsicheren Zeiten empfiehlt es sich, bei langfristigen Krediten, zum Beispiel bei Immobiliendarlehen, eine Zinsbindung zu vereinbaren. Sie gibt Sicherheit vor kurzfristigen Zinsschwankungen. Außerdem lohnt es sich gerade jetzt, einen Online-Kreditvergleich durchzuführen, bevor ein Kredit beantragt wird. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Banken sind zum Teil enorm. / Fotoquelle: © Dmitry Demidovich – Shutterstock.com