Wer hat Anspruch auf Ehegattenunterhalt?

- 18.03.2022 von Marlen Schurr -

Scheidung und UnterhaltDie Scheidungsrate in Deutschland betrug 2020 etwas mehr als 38 Prozent. Das bedeutet, auf 3 Eheschließungen kommt etwa eine Scheidung. Diese ist immer ein schmerzvoller Prozess für beide Seiten. Neben den Emotionen geht es bei einer Scheidung auch um Geld. Dass der wirtschaftlich besser gestellte Ehegatte während der Trennung zum Zahlen von Unterhalt verpflichtet ist, dürfte allgemein bekannt sein. Unter bestimmten Umständen kann er aber auch zum Zahlen von Ehegattenunterhalt verpflichtet werden.

Welche Voraussetzungen müssen für die Zahlung von Ehegattenunterhalt erfüllt sein?

Ehegattenunterhalt ist eine finanzielle Unterstützung, die nach der Scheidung gezahlt werden muss. Sie kann unter bestimmten Umständen durch den finanziell schlechter gestellten Partner beantragt werden. In der Regel geht das Gericht jedoch davon aus, dass die beiden Ex-Partner nach der Scheidung ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen sollen. Das ist jedoch nicht immer möglich. Zu den Fällen, bei denen der ehemalige Partner nach der Scheidung Ehegattenunterhalt beantragen kann, gehört:

Betreuungsunterhalt

Leben leibliche Kinder oder Adoptivkinder aus der gemeinsamen Ehe bei einem der Partner, kann diesem nicht zugemutet werden zu arbeiten, wenn die Kinder jünger als 3 Jahre sind. Später jedoch kann der Ex-Partner im Fall von mehreren Kindern zumindest eine Teilzeitarbeit annehmen. Die Altersgrenze ist flexibel. Wenn das Kind behindert ist oder Lernschwierigkeiten hat, kann die Altersgrenze auch nach dem 3. Lebensjahr gelten.

Unterhalt wegen Krankheit oder Alter

Ehegattenunterhalt kann auch beantragt werden, wenn der frühere Partner wegen Krankheit oder vorgerücktem Alter keine Arbeit mehr finden kann.

Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit

Kann der Ex-Partner nachweisen, dass er oder sie trotz angemessener Bemühungen keine Arbeit finden kann, ist der frühere Partner zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet.

Aufstockungsunterhalt

Diese Form des Ehegattenunterhalts ist zu zahlen, wenn der wirtschaftlich schlechter gestellte Partner den Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bezahlen kann.

Ausbildungsunterhalt

Dieser Unterhalt kann greifen, wenn durch die Eheschließung eine Ausbildung abgebrochen oder nicht angetreten werden konnte. Der andere Ex-Partner ist verpflichtet, Unterhalt bis zum Abschluss der Ausbildung zu bezahlen.

Unterhalt aus Billigkeitsgründen

Damit sind Unterhaltszahlungen in Fällen gemeint, in denen der ehemalige Partner keine Erwerbstätigkeit ausüben kann. Beispiele dafür sind die Betreuung eines Pflegekindes, das in der Ehe aufgenommen wurde oder die Betreuung eines eigenen Kindes mit Behinderung.

Grundsätzlich gilt, dass der Bezug von Trennungsunterhalt nicht automatisch dazu berechtigt, auch Ehegattenunterhalt zu erhalten. Jeder der Ehegatten ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Wird Ehegattenunterhalt beantragt, muss der Antrag begründet werden, beispielsweise durch ärztliche Atteste oder den Nachweis der besonderen Pflegebedürftigkeit eines Kindes.

Wo wird der Ehegattenunterhalt beantragt?

Der Antrag auf nachehelichen Unterhalt muss beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Er wird durch einen Anwalt eingereicht und durch das Gericht geprüft.

Wie hoch fallen die Unterhaltszahlungen aus?

Das wird durch das Gericht berechnet. Es gibt kein exakt definiertes Minimum oder Maximum der Zahlungen. Dem Unterhaltspflichtigen muss als Single jedoch aktuell ein Betrag von 1.280 Euro im Monat bleiben, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der Unterhaltsberechtigte wiederum kann nicht auf einer bestimmten Höhe der Zahlungen bestehen. Der Sinn des nachehelichen Unterhalts besteht darin, den Unterhaltsberechtigten so viel Unterstützung zu gewähren, dass er oder sie nicht auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Das Gericht legt die Höhe des Ehegattenunterhalts individuell fest.

Wie lange muss Unterhalt gezahlt werden und kann ein Antrag auch abgelehnt werden?

Die Gerichte gehen grundsätzlich davon aus, dass kein lebenslanger Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht. Eine bestimmte Zeitdauer gibt es nicht. Das Gericht kann jedoch einen Antrag auf Unterhalt ablehnen, wenn das Mindesteinkommen des Unterhaltspflichtigen zu gering ist oder wenn er bereits Unterhaltspflichten für Kinder hat. Diese haben Vorrang.

Stirbt der unterhaltspflichtige Ehegatte, geht die Unterhaltspflicht auf die Erben über, allerdings nur bis zur Höhe des Pflichtteils, dass der unterhaltsberechtigte Partner erhalten hätte, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. / Fotoquelle: © Jorma Bork / pixelio.de

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!