Wie zufrieden sind die Deutschen mit ihren Löhnen und Gehältern?

- 22.05.2015 von Sonja Hess -

Lohnzufriedenheit, Loehne und Gehaelter Dieser Tage erschüttern immer neue Streikmeldungen Deutschland: Mit Lokführern, Erziehern und Postzustellern geht es um unverzichtbare Dienstleistungen, die viele Menschen sehr empfindlich treffen. Durch diese öffentlichkeitswirksam ausgetragenen Arbeitskämpfe drängt sich der Eindruck auf, dass viele Arbeitnehmer hierzulande mit ihren Löhnen und Gehältern unzufrieden sein müssen.

Die Statistik spricht eine klare Sprache

Statistisch gesehen sollten die spektakulär ausgetragenen Arbeitskämpfe die Ausnahme sein. Umfragen entsprechend sind 70 % der deutschen Arbeitnehmer mit ihrer Entlohnung durchaus zufrieden. Die Zahlen zur Lohnzufriedenheit werden alle zwei Jahre vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforderung erhoben (DIW). Mit Werten um die 60 %-70 % (andere Umfragen kommen teilweise zu etwas geringeren Werten als das DIW) liegen die Deutschen bei der Lohnzufriedenheit international an der Spitze. Dabei zeigen die meisten Arbeitnehmer auch ein hohes Bewusstsein für wirtschaftliche Realitäten, wenn es um die grundsätzliche Einschätzung der Lohnniveaus geht. Utopische Lohnforderungen sind die absolute Ausnahme. Auch das Gefühl für vorsätzliche Unterschiede zwischen den einzelnen Berufszweigen wird von den meisten Arbeitnehmern als gerecht akzeptiert.

Einzelne Arbeitnehmergruppen sind unzufrieden

Der Niedriglohnsektor schafft per se wenig Zufriedenheit mit den dort gezahlten Löhnen. Nach Branchen betrachtet, ist im Baugewerbe und in den sozialen Berufen die Unzufriedenheit größer als in anderen Branchen. Regional gesehen ist man im Osten unzufriedener als im Westen. Dies ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund, dass in Ostdeutschland vielerorts noch immer vergleichbar niedrigere Löhne gezahlt werden als in Westdeutschland. Allgemein zeigt sich auch, dass in wirtschaftlich kritischen Zeiten das Lohnniveau seitens der Arbeitnehmer eher niedriger angesetzt wird. Allerdings treffen Extreme in beide Richtungen auf Kritik. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, dass insbesondere der Niedriglohnsektor etwas besser entlohnt werden sollte. Sehr kritisch sehen viele Arbeitnehmer die offensichtliche Bevorzugung einzelner Arbeitnehmergruppen. So werden etwa hochbezahlte Manager, die sich eine Fehlleistung nach der anderen leisten, nicht als akzeptabel empfunden. Vor diesem Hintergrund erscheinen viele Menschen auch die Streikforderungen und Streikmaßnahmen einzelner Parteien als überzogen und ungerecht. Die GDL etwa macht sich wenige Freunde bei anderen Arbeitnehmern, da man die Streikmaßnahmen im Verhältnis zu den Forderungen vielfach als maßlos empfindet.

Was bewegt die Menschen in Bezug auf ihre Arbeit

Umfragen kommen auch zu dem Ergebnis, dass die Höhe des Lohns in einer Gemengelage mit anderen Faktoren gesehen werden muss. Arbeitnehmer sehen häufig die reine Lohnhöhe nicht als isolierten Zufriedenheitsfaktor, sondern machen sozusagen eine Mischbewertung mit anderen Zufriedenheitsfaktoren auf. Dazu zählen etwa die Fahrzeit zum Arbeitsplatz, das Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten, das Arbeitsumfeld, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Arbeitszeiten und die Work-Life-Balance. Auch was diese Faktoren angeht, stehen die Deutschen mit ihrer Zufriedenheit international weit oben.

Die Streikenden – wenn die Ausnahme nervt

Unstreitig nehmen streikende Arbeitnehmer und Tarifvertragsparteien nicht anderes als verfassungsmäßig garantierte Rechte wahr. Streiks sind daher von der Sache her legitim. Wenn sie allerdings in einer derartigen Häufung und an nervösen Schaltstellen der modernen Dienstleistungsgesellschaft auftreten wie in den letzten Wochen, darf die Allgemeinheit gereizt reagieren. Dies trifft umso mehr zu, wenn es wie im Falle der GDL nicht nur um das Erreichen von Lohnzielen geht, sondern um grundsätzliche politische Fragen. Einen wirklichen Maßstab für die Lohnzufriedenheit der Deutschen im Allgemeinen sind dieses Streik damit jedoch nicht. Vielleicht tun wir uns alle einen Gefallen, wenn wir daher die Emotionen auf allen Seiten etwas herunterfahren. Ein paar Unzufriedene wird es immer geben – das gehört dazu. / Fotoquelle: fotolia.de / © daboost

Autor: Sonja Hess

Freiberufliche Autorin und Powerfrau, die sich in allen Bereichen zum Thema Arbeitsrecht, Finanzen und Karriere auskennt. Sie macht uns vor, dass es kein Problem ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. 2012 hat sie ihren ersten Text für uns geschrieben und nach einer etwas längeren Babypause freut sie sich nun, wieder die Ärmel hochkrempeln und schreiben zu können