Arztbehandlung selber zahlen: Noch immer sind Hunderttausende ohne Krankenschutz

- 23.01.2014 von Marlen Schurr -

Private Krankenversicherung DeutschlandDass in Deutschland viele Menschen ohne Krankenversicherung leben und alle notwendigen medizinischen Behandlungen aus eigener Tasche bezahlen müssen, ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Offizielle Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums nennen etwa 165.000 Menschen.

Dazu kommen jedoch noch eine große Zahl von Bürgern, deren Krankenversicherung durch die Arge getragen wird, jedoch nur so lange, wie sie Anspruch auf Sozialleistungen haben. Vom Verlust der Krankenversicherung sind übrigens nicht nur Obdachlose oder illegal in Deutschland lebende Personen betroffen; dieses Schicksal kann jeder erleiden.

Der Schuldenerlass der Bundesregierung- was brachte er?

In Deutschland herrscht gesetzliche Pflicht zur Krankenversicherung. Für die gesetzlichen Krankenkassen gilt die Versicherungspflicht seit 2007, für die privaten Versicherungen seit 2009. Wenn jemand bisher noch keine Krankenversicherung hatte, musste er beim Eintritt in die Versicherung die seit dem Zeitpunkt der Versicherungspflicht angefallenen Beiträge nachzahlen. Dabei handelt es sich schnell um Beträge in Höhe von mehreren Tausend Euro, zumal auf die ausstehenden Beiträge horrende Zinsen zu zahlen sind. Der Schuldenerlass der Bundesregierung, der am 1. August 2013 in Kraft trat und bis 31.12. 2013 gültig war, versuchte dieses Problem zu lösen, indem Rückkehrern in die Krankenversicherung die angelaufenen Beitragsrückstände erlassen wurden. Das Angebot war jedoch nicht sehr erfolgreich, weil bundesweit nur knapp 10.000 Menschen davon Gebrauch machten. Seit 2014 gilt wieder die alte Regelung.

Was tun, um die Krankenversicherung nicht zu verlieren bzw. zurückzuerhalten?

Das kann schneller passieren als man denkt. Betroffen sind zum Beispiel Bundesbürger, die längere Zeit im Ausland gelebt haben und dort eine Krankenversicherung hatten. Falls sie nach der Rückkehr nach Deutschland keine versicherungspflichtige Beschäftigung finden, haben sie keine Krankenversicherung. Selbstständige und Freiberufler sind ebenfalls häufig betroffen. Wenn das Geschäft schlecht läuft und die Beiträge zur Krankenversicherung nicht mehr gezahlt werden können, kann die gesetzliche Krankenversicherung nach zwei ausstehenden Monatsbeiträgen kündigen, die private Krankenversicherung bereits nach einem fehlenden Beitrag. Wenn finanzielle Probleme auftreten, sollte man auf jeden Fall davor nicht die Augen verschließen, sondern das Gespräch suchen. Viele PKV bieten zum Beispiel einen Notfalltarif an, der wenigstens die Kosten für Schmerzbehandlungen und akute Probleme übernimmt. Dieser Tarif kostet deutlich weniger als die normalen Versicherungsbeiträge. Bei Beitragsrückständen und drohenden Verlust des Versicherungsschutzes kann man sich auch an das im Zuständigkeitsbereich liegende Jobcenter wenden. Finanzielle Hilfe ist oft möglich, aber nur wenn das Versicherungsverhältnis noch besteht. Ist es erst einmal gekündigt, ist es zu spät.

Der beste Weg, um wieder zurück in die Krankenversicherung zu kommen, besteht darin, eine versicherungspflichtige Beschäftigung anzunehmen. Wird diese Beschäftigung für mindestens ein Jahr lang ausgeübt, darf sich der Betreffende wieder freiwillig gesetzlich versichern. So gut diese Möglichkeit auch ist, Alten und Kranken lässt sie kaum eine Chance, jemals wieder Versicherungsschutz zu bekommen. Ohne Versicherungsschutz müssen alle Behandlungen und Medikamente selbst bezahlt werden. Fehlt dazu das Geld, bleibt als einzige Möglichkeit, sich an eine humanitäre Organisation zu wenden, die Ärzte benennen kann, die Patienten aus humanitären oder christlichen Gründen kostenlos behandeln.

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!