Chronisch krank – muss der Arbeitgeber Bescheid wissen?

- 03.11.2016 von Daniela Lütke -

Fotoquelle: fotolia.de / © Picture-FactoryLaut Angabe der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke ist mehr als ein Drittel der Bevölkerung von einer chronischen Krankheit betroffen. Nicht wenige darunter haben sogar unter mehreren chronischen Erkrankungen zu leiden. Besonders häufig sind Diabetes, Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Arteriosklerose und andere Erkrankungen. Wegen ihrer Häufigkeit und weiter wachsenden Verbreitung haben sie inzwischen den Status von Volkskrankheiten angenommen. Chronisch Kranke haben im Alltag mit vielen Problemen zu kämpfen. Nicht wenige davon betreffen auch das Arbeitsverhältnis.

Muss der Arbeitgeber über chronische Erkrankungen informiert werden?

Diese Frage stellt sich für viele Arbeitnehmer besonders bei einem Bewerbungsgespräch. Juristisch gesehen, muss der Arbeitgeber eine Frage nach chronischen Erkrankungen nicht beantworten. Der Grund dafür liegt darin, dass chronisch Kranke im Gegensatz zu Menschen mit Behinderungen kaum eine rechtliche Absicherung haben.

Gegen chronisch Kranke bestehen oft noch Vorurteile. Insbesondere glauben Arbeitgeber, dass diese Arbeitnehmer weniger leistungsfähig wären und längere und häufigere Fehlzeiten verursachen würden. Das ist aber in dem meisten Fällen unbegründet, da chronische Erkrankungen durch entsprechende Medikamente und Therapien gut behandelbar sind (Beispiel Diabetes). Wenn sich die Erkrankung nicht negativ auf den Job auswirkt, muss der Arbeitgeber darüber nicht informiert werden. Eine Mitteilungspflicht besteht nur dann, wenn durch die Erkrankung andere gefährdet werden könnten (Infektionskrankheit).

Darf der Arbeitgeber nach Erkrankungen fragen?

Zu diesem Punkt gibt es noch keine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers. Eine allgemeine Frage nach Vorerkrankungen oder chronischen Erkrankungen ist jedoch nicht zulässig und muss nicht beantwortet werden. Die Frage des Arbeitgebers wäre nur dann berechtigt, wenn der Arbeitnehmer durch die Erkrankung keine ausreichende Arbeitsleistung erbringen könnte.

Was kann passieren, wenn der Arbeitnehmer keine Auskünfte gibt?

Leider kann es durchaus passieren, dass das Bewerbungsgespräch erfolglos bleibt, wenn der Bewerber dabei seine chronische Erkrankung erwähnt. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits zustande gekommen ist, sieht die Sache anders aus. Dem Arbeitnehmer entstehen in der Regel keine Nachteile, wenn er den Arbeitgeber nicht über seine chronische Erkrankung informiert. Für den Arbeitgeber zählen letztendlich nur die Arbeitsleistung und die Fehlzeiten. Wenn diese dem Durchschnitt der anderen Arbeitnehmer entsprechen, besteht kein Grund zu Maßnahmen von Seiten des Arbeitgebers.

Was kann passieren, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber informiert?

Das kommt ganz auf den Einzelfall an. Wenn der Arbeitnehmer trotz seiner chronischen Erkrankung dasselbe leistet und keine überdurchschnittlichen Fehlzeiten verursacht, hat er in der Regel auch nichts zu befürchten. Anders sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer häufiger fehlt als seine gesunden Kollegen. Dann kann ihn der Arbeitgeber entweder auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen, auf dem die körperliche Belastung geringer ist (oft aber auch der Lohn) oder letztendlich sogar eine durch überdurchschnittliche hohe Fehlzeiten bedingte Kündigung aussprechen.

Kann sich der Arbeitnehmer gegen Disziplinarmaßnahmen wehren?

Dieses Recht steht jedem Arbeitnehmer zu. Gleich ob es sich um eine Abmahnung oder eine Kündigung handelt, der Arbeitnehmer kann dagegen vorgehen, nötigenfalls sogar bis vor dem Arbeitsgericht. Der Betriebsrat oder die Gewerkschaft können in diesem Fall guten Rat geben. Wie hoch allerdings bei einer Klage die Erfolgschancen sind, ist von der einzelnen Fallgeschichte abhängig.

Muss der Arbeitgeber über eine Schwerbehinderung informiert werden?

Als schwerbehindert gilt eine Person, deren Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt. Da Schwerbehinderte einen besonderen Schutz durch das Gesetz genießen, darf der Arbeitgeber nach einer Schwerbehinderung fragen. Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. Allerdings ist auch der Schwerbehinderte nicht dazu verpflichtet, seine Behinderung von sich aus anzusprechen, es sei denn, seine Arbeit würde darunter leiden. Meldet er diese nicht, hat er auch keinen Anspruch auf Zusatzleistungen.

Worauf verzichtet der Arbeitnehmer, wenn er seine Schwerbehinderung nicht offen legt?

Dazu zählt in erster Linie der Schutz des Gesetzes. Behinderte genießen Schutz gegen Diskriminierung, haben eine verlängerte Kündigungsfrist (6 Monate) und können Zusatzurlaub beanspruchen. In vielen Firmen gibt es zudem eine Schwerbehinderten-Vertretung, die sich um die Belange und Probleme der Mitarbeiter mit einer Behinderung kümmert.

Wann muss eine Information erfolgen?

Spätestens dann wenn der Arbeitgeber danach fragt. Behinderte genießen den besonderen Schutz des Gesetzes, dieser kann allerdings nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitgeber keine Informationen über die Behinderungen hat. So kann sich zum Beispiel niemand im Nachhinein auf seine Schwerbehinderung berufen, wenn diese nicht mitgeteilt und eine Kündigung ausgesprochen wurde.

Auch der Arbeitgeber ist in der Informationspflicht. So muss er sich rechtstreu verhalten und die Anzahl der Behinderten in seinem Unternehmen selbst melden. Dabei muss eine Beschäftigungsquote eingehalten werden, bei deren Nichterfüllung Strafabgaben fällig sind. Die Meldung ist aber nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber über den Status seiner Beschäftigten informiert worden ist. / Fotoquelle: fotolia.de / © Picture-Factory

Autor: Daniela Lütke

Daniela ist 2016 zu uns gestoßen. Als Journalistin und ehemalige Unternehmensberaterin hat sie sich ein enormes Wissen zu den Themen Ausbildung, Beruf & Karriere aufgebaut und versteht es, dieses geschickt in Worte zu fassen.