Gesetzliche Krankenkassen: Zusatzpauschale wird gestrichen

- 16.02.2014 von Marlen Schurr -

GKVBereits wenige Wochen nach Amtsantritt will der neue Bundesgesundheitsminister Gröhe eine wichtige gesundheitspolitische Vereinbarung des Koalitionsvertrags umsetzen – die Streichung der Zusatzpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung. Künftig sollen die Krankenkassen die Höhe ihrer Beiträge wieder selbst festlegen.

Probleme mit der Zusatzpauschale

Bisher liegt der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz bei 15,5 Prozent, der jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird. Zusätzlich fällt ein Sonderbeitrag in Höhe von 0,9 Prozent für Zahnersatzleistungen an. Ihn zahlen Arbeitnehmer alleine. Krankenkassen, die in der Vergangenheit damit nicht auskamen, konnten von den Versicherten eine Zusatzpauschale zur Deckung ihrer Kosten erheben. Diese sogenannte Kopfpauschale verursachte erhebliche Probleme und ist umstritten. 2009 mussten einige Kassen Zusatzpauschalen einführen und lösten damit massive Kündigungswellen aus. Für einzelne Krankenversicherungen wie die City BKK bedeutete das sogar das Aus.

Krankenkassen bestimmen selbst

Die von Gröhe geplante Reform sieht vor, den Arbeitgeberanteil bei 7,3 Prozent festzuschreiben. Damit blieben die Lohnnebenkosten stabil. Welche Beiträge die Arbeitnehmer zahlen, würde die jeweilige Krankenkasse selbst bestimmen. Bei fehlender Kostendeckung könnte sie die Beiträge erhöhen, bei Überschüssen dagegen senken. Ausgangspunkt der Beitragserhebung dürfte dabei der jetzige Arbeitnehmeranteil in Höhe von 7,3 Prozent zzgl. des 0,9 Prozent umfassenden Sonderbeitrags sein. Der bestehende Sonderbeitrag würde praktisch flexibilisiert und als Zusatzbeitrag von jeder Krankenkasse künftig individuell festgelegt.

Arbeitnehmer tragen Kostenrisiko

Derzeit ist die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherungen recht komfortabel. Die gute Konjunktur hat für volle Kassen gesorgt, so dass theoretisch sogar Spielräume für Beitragssenkungen bestehen. Derzeit muss daher auch keine Krankenkasse eine Zusatzpauschale erheben. Versicherte sollten sich allerdings nicht zu viel Hoffnung auf niedrigere Beiträge machen. Mittel- bis langfristig wird eher mit einem weiteren Anstieg der Gesundheitskosten gerechnet. Der demografische Wandel mit zunehmendem Durchschnittsalter und einem entsprechend höheren Bedarf an medizinischen Leistungen sorgt dafür.

In dem jetzt favorisierten Modell tragen Arbeitnehmer das Risiko steigender Kosten alleine. Der Arbeitgeberanteil soll eingefroren bleiben. Auch wenn Sozialpolitiker einen Wegfall der Zusatzpauschale begrüßen, mit der Verlagerung des Kostenrisikos alleine auf die Arbeitnehmer dürften sie nicht zufrieden sein.

Strukturelle Finanzierungsprobleme bleiben

Einfacher wird die Finanzierung des Gesundheitswesens mit der geplanten Neuregelung jedenfalls nicht. Denn strukturelle Unterschiede unter den Krankenkassen müssten bei einer individuellen Beitragsfestlegung ausgeglichen werden. Der Koalitionsvertrag fordert nämlich, dass keine Krankenkasse benachteiligt werden darf, weil sie mehr Geringverdiener versichert. Dies ist zum Beispiel traditionell bei der AOK der Fall, während die TK mehr Besserverdienende versichert. Unterschiedlichen Relationen bei Einnahmen und Kosten müssten über einen Finanzausgleich unter den Kassen abgedeckt werden.

Mehr Flexibilität bei der Beitragsfestlegung wird daher neue Fragen bei der Verteilung des Mittelaufkommens aufwerfen. Auch wenn die Hoffnung auf niedrigere Beiträge illusorisch sein mag, die Neuregelung dürfte zu mehr Wettbewerb unter den Krankenkassen führen und für Mäßigung bei Beitragsanhebungen sorgen.

Reform im Sommer?

Dem Vernehmen nach will Bundesgesundheitsminister Gröhe das Gesetz bereits im Sommer in Kraft setzen. Damit würde ein wichtiger Bestandteil der letzten Reform der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2010 revidiert. / Fotoquelle: fotolia.de / © bounlow-pic

Autor: Marlen Schurr

Eine Autorin der ersten Stunde und Frauchen von Emma. Marlen hat Betriebswirtschaft studiert und danach lange bei einer großen Bank gearbeitet. Finanzen und Wirtschaftsthemen sind ihr Steckenpferd, auch bei der Altersvorsorge weiß sie, wovon sie schreibt. Während ihrer Elternzeit hat sie zum Glück immer wieder Zeit gefunden, sich durch Seminare und Vorträge auf dem Laufenden zu halten und arbeitet inzwischen wieder stundenweise in ihrem alten Job, getreu dem Motto „einmal Banker, immer Banker“. Wir freuen uns, dass sie auch den Weg zu uns zurückgefunden hat und wieder da ist!