Die einheitliche Krankenversicherung – kommt sie 2017?

- 14.04.2016 von Gaby Mertens -

GKVLängere Zeit schien das Thema in den Tiefen ministerieller Schubladen abgelegt worden zu sein. Die Rede ist von der einheitlichen Krankenversicherung. Mit Blick auf die Bundestagswahlen 2017 bewegt sich wieder mehr an der Krankenversicherungsfront.

 

Das geteilte System – ein „kranker Mann“ von Anfang an?

Wir kennen es nicht anders: In der Bundesrepublik existieren zwei verschiedene Krankenversicherungssysteme. Die gesetzliche Krankenversicherung mit Versicherungspflicht und Solidarprinzip steht der privaten Krankenversicherung gegenüber. Kritiker sprechen seit ehedem von der „Zwei-Klassen-Medizin“, was sich nach Ansicht vieler gesetzlich Versicherter bereits bei der Terminsvereinbarung für den Facharzttermin deutlich zeigt, wenn die freundliche Dame am Telefon fragt: Wo sind Sie denn versichert? Privat komme man schneller zum Termin, müsse nicht so lange warten und bekomme auch andere Medikationen angeboten. Die Kehrseite der Privatversicherung ist die Tatsache, dass ihre Beiträge seit einigen Jahren überdurchschnittlich steigen. Mehr als 16 % mehr Beitrag verlangten manche Versicherer zu Beginn des Jahres.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen hingegen drohen mit rapide steigenden Zusatzbeiträgen, da sie seit diesem Jahr wieder einen individuellen Zusatzbeitrag bestimmen dürfen, wenn sie mit dem Beitragssatz von 14,6 % nicht auskommen. Etwas neidisch schauen sie seit ehedem bei auf allen Ebenen wachsendem Kostendruck auf die zahlungskräftige Klientel der Privatversicherer. Deren Beiträge entgehen ihnen. Aus ihrer Sicht ist das nicht gerecht, weil sie auf der anderen Seite solidarisch selbst die wirtschaftlich Schwächsten der Gesellschaft mitnehmen müssen. Kein Wunder also, dass die Idee der einheitlichen Krankenversicherung von Zeit zu Zeit wie Phönix aus der Asche steigt und Liebhaber findet.

Ein einheitliches System – die Lösung aller Probleme?

Im Prinzip kämpfen gesetzliche und private Versicherer mit demselben Problem: Die Kosten der medizinischen Versorgung steigen und steigen. Ob Krankenhausbehandlung, Arzneimittel oder Arzthonorare, alle wollen mehr Geld. In der medizinischen Versorgung wird immer mehr möglich, die Menschen werden älter und älter, aber bezahlen können müssen wir es auch. Zudem ist die Krankenversicherung nur eine der Baustellen in diesem Bereich. Die Pflege älterer und kranker Menschen bindet immer mehr Mittel. Der gesetzliche Versicherte gerät dabei beitragsmäßig an beiden Fronten unter Druck, zahlt der Arbeitnehmer doch den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung schon allein, während der Arbeitgeber nur am festgelegten Beitrag partizipiert. So sind Arbeitnehmer dieses Jahr mit 1,1 % mehr belastet als ihre Arbeitgeber.

Es existieren damit einige schwierige Probleme im jetzigen System, die auch vortreffliche Streitthemen im Wahlkampf 2017 abgeben würden. Dabei stellt sich die Frage, ob allein die Einführung einer einheitlichen Krankenversicherung alle Schwierigkeiten löst. Wenn die vergangenen Reformen der gesetzlichen Krankenversicherung eines gezeigt haben, dann das: Man wird in der dieser Frage mit einem „Reförmchen“ wie in der Vergangenheit nicht auskommen. Es müsste schon ein größerer Wurf gelingen, der das deutsche Krankenversicherungssystem zukunftsfähig macht und bezahlbar hält. Ob politischer Mut und ausreichend Chuzpe ausgerechnet im Wahljahr gegeben sind, muss sich zeigen. Die Schöpfer eines einheitlichen Systems werden sich nicht beliebt machen, da eine einheitliche Krankenversicherung ein radikal neues Denken erfordert.

Ein Einheitssystem wird anders sein – wie anders, bleibt abzuwarten

Auch ein einheitliches Krankenversicherungssystem kommt an dem Kostendruck nicht vorbei. In der Folge könnte im Zuge der Vereinheitlichungsdiskussion über andere Finanzierungswege diskutiert werden. So finanzieren viele europäische Länder die Versicherung über die Steuereinnahmen und nicht über Beiträge. Weiterhin wird man über den Leistungskatalog der zukünftigen Einheitsversicherung nachdenken müssen. Unter Umständen fallen noch viel mehr Leistungen als heute aus der Basisversicherung heraus und müssen von den Versicherten privat bezahlt werden. Nur mit einer Umschichtung der Privatversicherten in die gesetzliche Versicherung, wie manche sich das erträumen mögen, wird es nicht getan sein.

Ob sich eine politische Partei daher während des kommenden Wahlkampfes trauen wird, zu diesem Thema offen auch die unangenehmen Tatsachen an den Wähler zu bringen, scheint zweifelhaft. Wahrscheinlich bleibt es 2017 erneut bei Diskussionen und kleinen Anpassungen im Krankenversicherungsbereich. Auf längere Sicht gesehen, kommt die Politik allerdings an dem Thema nicht vorbei. / Fotoquelle: fotolia.de / © aldorado

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Autor: Gaby Mertens

Auch Gaby war in der Versicherungsbranche tätig und hat schreibt schon seit 2011 für unser Magazin. Nach einer längeren Auszeit im Ausland ist sie nun wieder da, und wir freuen uns, dass sie uns wieder mit ihren Texten unterstützt und immer eine Tüte Gummibärchen für die Kollegen bereithält.